das Logbuch Wien - Nizza | Juni 2012
30.06.2012
Nachtrag zum newsletter #10
Ihr Lieben,
bisher ist mein Rucksack leider nicht aufgetaucht. Wir waren gestern bei der Polizei in St. Vigil, der Polizist beharrte darauf, dass es immer wieder vorkommt, dass Rucksäcke abgegeben werden, aber leider, leider scheint sich meiner tatsächlich verabschiedet zu haben.
Ich muss zurück nach Österreich auf die BH-Lienz, um einen Ersatzpass ausstellen zu lassen. Werde auch versuchen die notwendigste Ausrüstung in Lienz bzw. Sillian einzukaufen, weil mich Karin darauf hingewiesen hat, dass ein Einkauf in Südtirol um einiges teurer wäre.
Einige von euch haben mir ihre finanzielle Unterstützung angeboten, die ich sehr gerne annehme, einfach weil eine neuerliche Anschaffung meiner kompletten Ausrüstung völlig meinen Budgetrahmen für diese Reise sprengt.
Ich werde versuchen mit einer absoluten Minimalvariante auszukommen, trotzdem ist das Zeugs einfach teuer...
Meine Bankverbindung lautet:
Barbara Kraus
Bank Austria
Bankleitzahl 12 000
Kontonr. 52310622401Ich danke euch allen für eure Anteilnahme und eure Unterstützung in den verschiedensten Formen- von Ermutigung (nicht aufzugeben, Empathie bis hin zu dem Angebot Geld zu überweisen.
Ich danke auch den Menschen vor Ort, speziell der Fam. Promberger, die mich liebevoll in ihrem Haus aufgenommen haben, sämtliche Behördengänge mit mir gemeinsam bestritten haben, die Hütten abgeklappert auf der Suche nach meinem Rucksack und der kleinen Letizia die, die letzten Tage wie ein kleine Fee rund um mich war.
Ich danke auch ganz besonders Karin, Luise und Kai für eure Anteilnahme und euer praktisches Mitdenken.
Weiters Erich, Edi, Hans, Gerald, Andraszy, Claudia und Friedl für eure Ermutigung und meiner Schwester Katharina für Deine schwesterliche Liebe.Einmal mehr mache ich die unglaubliche Erfahrung mit keiner Situation alleine zu sein.
Danke euch allen dafür!!!!
Mit herzlichen Grüßen
Barbara (die nicht aufgibt)
29.06.2012
newsletter #10
Liebe WeggefährtInnen,
diesmal nur ein kurzes Lebenszeichen von mir, weil ich mich zur Zeit in einem Ausnahmezustand befinde.
Meine sehr freundlichen und hilfsbereiten Gastgeber - eine Familie in Untermoi (Südtirol) haben mich gestern auf eine gemeinsame Klettertour auf den Peitlerkofel in den Dolomiten eingeladen. Ich wollte danach meine Reise durch die Dolomiten nach Bozen fortsetzen und habe vor dem Gipfelaufstieg meinen Rucksack auf der Peitlerscharte deponiert (Klettersteig mit 15kg Rucksack wollte ich mir ersparen).
Das war ein Fehler. Bei unserer Rückkunft auf die Scharte war mein Rucksack weg. Wir haben alle Hütten, Gemeindeämter, Tourismusbüros in der Umgebung abgeklappert. Leider wurde mein Rucksack nirgend wo abgegeben. D.h. er ist weg und mit ihm meine gesamte Ausrüstung, der Pass, die Tourennotizen der letzten zwei Monate, das Schutzengelpaket, Kleidung, Zelt, Schlafsack, Adressbuch etc. (die Liste ist eine lange)
Glück im Unglück: Fotokamera, Geld und Handy hab ich "sicherheitshalber" auf den Gipfel mitgenommen.
Jetzt führt mich Silvester (Gastgeber) auf´s Polizeikommisariat nach St. Vigil, danach nach Bruneck (um Aufladegerät für´s handy zu besorgen) und ich weiss noch nicht wie weiter, mir fehlen die finanziellen Ressourcen um die gesamte Ausrüstung nachzukaufen. Aufgeben oder abbrechen möchte ich aber auch nicht.
Die alte Tante hier im Haus (sie spricht hauptsächlich ladinisch) hat die Geschichte mit dem Rucksack folgendermaßen verstanden:
"Auf dem Gipfel waren viele Menschen. Alle haben etwas aus meinem Rucksack gebraucht, bis nichts mehr drinnen war. Jetzt hat sie gar nichts mehr, die Arme!"
Und Rita (Frau von Silvester) meinte heute Früh zu mir "Vielleicht bekommt Deine Reise jetzt eine neue Wendung, vielleicht geht es jetzt darum Dich der bedingungslosen Liebe hinzugeben."
Mir selbst gehen natürlich auch viele Gedanken und Erklärungen durch den Kopf, warum mir das passiert ist, angefangen von einer Aussage, die ich vor 20 Jahren von einer Freundin hörte, die damals meinte "bestohlen wird nur, wer nichts gibt" bis hin zu "vielleicht habe ich zuviel Glück gehabt bisher und das ist jetzt der Ausgleich" oder "das kommt davon, weil ich fishy mit dem letzten newsletter 125 Fotos geschickt habe (und ihm dadurch ungefragter Weise 5 zusätzliche Arbeitsstunden aufgebürdet habe) oder "vielleicht sind ganz viele Menschen (incl. der Ma7) ganz neidig auf meine Reise und wünschen mir böses" usw
Tatsache ist es gibt in jedem Leben Glück und Unglück. Und die Frage ist, wie gehe ich jetzt damit um. Gleichzeitig denke ich, es passieren an so viel Orten, so viel Menschen viel schlimmere Dinge als ein gestohlener Rucksack und ich habe auch jetzt wieder ganz viel Glück im Unglück, durch die nette Familie bei der ich zur Zeit bin und die mich so gut sie können unterstützen und ich bekam bereits ganz viel Angebote der Unterstützung von FreundInnen zu Hause.
D.h. mir fehlt im Moment "nur" mein Rucksack und sonst gar nichts. Vielleicht auch eine Chance, den Rest meiner Reise mit noch leichterem Gepäck fortzusetzen, mit dem wirklich nur allernotwendigsten (kein Zelt z.b.)
Gestern habe ich auch gedacht, dass es vielleicht zu einer solchen Reise auch dazu gehört im wahrsten Sinn des Wortes durch alle Höhen und Tiefen zu gehen. Denn ich betrachte meine Reise auch als einen "Erkenntnis- und Erfahrungsweg".
Wir haben auf solche Dinge vielleicht keinen Einfluss und sie haben wahrscheinlich auch keinen besonderen Grund. Aber, dass wie ich jetzt damit umgehe und was ich daraus lerne, liegt in meiner eigenen Verantwortung.
Und ich werde sicherlich deswegen nicht aufgeben!!!
Auch wenn ein Teil in mir am liebsten auf der Stelle nach Hause gefahren wäre. Aber zu Hause warten vielleicht ganz ähnliche oder andere Herausforderungen auf mich. Das ist Teil des Lebens: eine Herausforderung nach der anderen und dazwischen ein- und ausatmen.
Mein Vertrauen hat jedenfalls keinen "Knacks" erlitten. Ich habe auf dieser Reise so viele positive Erlebnisse mit Menschen und ihrer grundsätzlichen Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft gemacht, dass mich die Tatsache, dass sich jemand meinen Rucksack ungefragter Weise angeeignet hat, auch nicht aus der Bahn wirft. Ich hoffe nur, dass diese Person den wertvollen Inhalt wirklich brauchen und wertschätzen kann...
Wünsche euch einen schönen Tag (trotz der unglaublichen Hitze in Wien, von der mir ein Freund erzählt hat)
Ich kann zur Zeit keine mails empfangen oder senden und auch nicht ins Internet. Bitte schickt mir deshalb lieber sms als mails, denn ich weiss nicht, wann ich die nächste Möglichkeit habe an einen externen Computer zu kommen. Danke! 0043 699 1945 22 20
Und einmal mehr möchte ich mich bei euch allen für eure Anteilnahme und eure Unterstützung bedanken. Gerade in solchen Zeiten ist diese unglaublich wertvoll. Danke!!!
Mit herzlichen Grüßen
eure "erleichterte" WandelWanderin"Mögen alle Wesen glücklich und frei von Angst sein!"
Untermoi, 29.06.2012
28.06.2012
Liebe WeggefährtInnen,
die gute Nachricht zuerst: ich bin gesund und bis jetzt hatte ich nur Glück auf meiner Reise,
Die schlechte Nachricht: heute wurde mir am Peitlersattel mein Rucksack gestohlen, während ich mit der Familie aus Untermoi den Klettersteig auf den Peitler Kofel ging /wollte den 15kg Rucksack nicht auf den Klettersteig mitnehmen,)Glück im Unglück: Geld, handy, Fotokamera hab ich auf den Gipfel mitgenommen.
Weiß nicht wie weiter. Kann es mir nicht leisten die gesamte Ausrüstung neu zu kaufen.
Erst mal schlafen.
Herzliche Grüße
Barbara
27.06.2012
Liebe WeggefährtInnen,
bin wieder mal durch Zufall, oder Fügung an einem wunderbaren Ort bei einer sehr netten Familie gelandet, in Untermoi. Morgen geht`s nochmal in die Dolomiten, hab meine Wegpläne geändert :-)
Gute Nacht!
Barbara
26.06.2012
Liebe WeggefährtInnen,
obwohl ich wieder im Tal bin (Tamsertal in Südtirol) ist das Netz für email senden (und empfangen) nach wie vor zu schwach. Deshalb schicke ich zur Zeit sms Nachrichten an Christina Steinle, sie tippt diese in den Computer und schickt sie per mail an fishy. der stell sie dann auf die homepage. Nur damit ihr einen kleinen Einblick in den zeitlichen, personellen und technischen Aufwand, den diese kleinen Lebenszeichen benötigen, bekommt...
Heute Früh bin ich bei Sonnenschein und sehr beschwingt von der Senneshütte in den Pragser Dolomiten genauer im Naturpark "Fanes-Sennes-Prags", aufgebrochen. Meine gute Laune hatte auch mit der Begegnung mit Emma und Paulo zu tun, die nach 8 Jahren ihren ersten Urlaub ohne ihre zwei Kids haben und den Dolomitenhöhenweg 1 gehen. Wir haben u.a. über die Auswirkungen "der Krise" in Italien gesprochen und auch mein Weg war Thema. Ich bin dem Weg 24 Richtung Sennesscharte gefolgt und habe laut Empfehlung der Hüttenwirtin noch eine weglosen Aufstieg auf den "Le Seneser" 2659m gewagt, weil ich unbedingt einen Blick auf den Prager Wildsee werfen wollte. Das Abenteuer und der zusätzliche Schweiß haben sich in jedem Fall gelohn: Edelweiß, ein atemberaubender Rundblick, unten der tiefblaue See mit türkiser Karibikumrandung (Kalkstein) und nichts als Weite. In diesen Momenten weiß ich einfach warum es mich immer wieder hinauf auf die Berge zeiht, weil dort oben ein unglaubliche Ausdehnung stattfindet, das erinnert ganz stark an einen inneren Raum der Freiheit und Transzendenz, lässt sich schwer in Worte fassen.
Die Senneser Kar Spitze ist der Nachbar von kl. und gr. Seekofel, der gestern leider aufrgund eines heftigen Gewitters im wahrsten Sinne des Wortes "ins Wasser gefallen"ist. Glücklich und energetisiert habe ich danach den Aufstieg zur Sennesscharte 2519m bewältigt, kaum oben angelangt ging es auf der anderen Seite durch ein steiles Schuttkar wieder runter (die sind mittlerweile bereits zur Routine geworden :-) und danach durch das Krippestal stetig bergab, neben einem ausgetrockneten Flussbett, das wieter unten, wie durch ein Wunder zu einem herrlichen Wasserfall wird- Fontane de Ciastlins.
Am Ende des Tages habe ich neben dem Wasserfall einen Sturz hingelegt, weil eine hölzerne Leiter, von Wasser umspült, eine formidable Rutschpartie darstellt, die für mich zu einer etwas unsanften Landung ins kalte Wasser geführt hat. Weh getan habe ich mir nicht, aber geschimpft wie ein Rohrspatz habe ich schon und mit der guten Laune war`s dann für einige Schreckmomente auch vorbei.
Jetzt bin ich in St. VIrgil im "Riposo als Bosco" (Waldruhe) und werde gleich ins Bett gehen. Ein wenig trauere ich den Dolomiten nach, wäre gern noch da oben geblieben, aber Bozen ruft, Nizza auch, deshalb gehe ich von einem Abschied zum nächsten und übe die Kunst des "Nicht-Anhaftens", die mir machmal ganz schön schwer fällt.
Wünsche euch eine friedliche Nacht mit wunderbaren Träumen!
xxBarbara
25.06.2012
Liebe WeggefährtInnen,
angekommen! Bei Nebel und Regen heute morgen auf der Dürrensteinhütte 2040m gestartet, über eine herrliche weitläufige Alm- Plätzwiese 1991m, dach den Weg Nr.3 zur Stolla Alm und einen wunderbaren Steig durch felsiges Terrain unterhalb von Schlechtgaisl und Gaisele vorbei. Hier haben sich die Wolken gelichtet und den Blick auf die wilden, formschönen Felsenformationen der Dolomiten freigegeben. Atemberaubender Anblick.
Rückt die eigene Realität in andere Dimensionen. Am Weg habe ich einen Angestellten des Nationalparks gestoffen, der war mit Schaufel und Werkzeug unterwegs, um den Steig, der von den heftigen Gewittern der letzten Tage und wahrscheinlich auch noch vom Winter, arg mitgenommen war, wieder in Stand zu setzen. 7km bis zur Roßalm hatte er den Steig bereits "saniert", wofür ich ihm wirklich dankbar bin. Auch Hr. Gasser und der Hüttenwirt in der Dürrensteinhütte, für die Wegtips und die Hüttenempfehlung.
Hier auf der Senneshütte, die heute mein Stützpunkt sein wird, ist es romantischer als in einem Heidifilm: Kuhgebimmel, die Kühe umrunden einen kleinen Teich und die sattgrüne weitläufige Alm wird von Bergen eingerahmt, wo einer schöner als der andere ist. Beim Aufstieg zur Cocodainscharte 2332m, über unzählige bizarre Kalkstufen, brannte noch die Sonne runter, oben angekommen mit fantastischen Fernblicken und grandiosem Wolkenschauspiel, dass aus allen Himmelsrichtungen und in allen Schattierungen mit einem kräftigen Südwestwind immer näher kam und einen ebenso heftigen wie kurzen Regenguss mit sich brachte. Überhaupt war das Wetter heute wie im April, ich war permanent mit Regenzeug an- und wieder ausziehen beschäftigt, auch eine Form von Choreographie :- )
Im Moment scheint wieder die Sonne. Ich sitze auf der Terrasse der Senneshütte, trinke heiße Holunderlimonade und denke an euch, die ihr meinen Weg mit euren Gedanken und eurer Anteilnahme begleitet, wofür ich euch sehr dankbar bin, denn es ist ein langer Weg.
Salve! Eure Barbara
Liebe WeggefährtInnen,
bin in den Dolomiten. Gestern von Sexten über die 3 ZInnenhütte, Dürrensee, Schluderbach und neuerlicher Aufstieg auf die Dürrensteinhütte. Heute über Plätzwiese auf den Seekofel und zur Senneshütte. Gestern haben mich Luise und Kai besucht und wir sind gemeinsam auf die 3 Zinnenhütte. Seit 7 Wochen der erste reale Kontakt mit FreundInnen!! Das hat richtig gut getan, aber der Abschied war schwer. Auch der von Hr. Gasser und Viera. Aber jetzt bin ich wieder auf Spur und alles ist gut! Wunderschön ist`s in den Dolomiten- sehr kraftvolle Landschaft.
Wünsche euch allen einen guten Wochbenbeginn!
Herzliche Grüße!
Barbara
22.06.2012
newsletter #9
Liebe WeggefährtInnen,
"ohne Tränen hätte die Seele keinen Regenbogen". Ein wenig melancholisch bin ich heute. Hinter mir liegen bereits so viele Berge, so viele Eindrücke, so viele intensive Momente und Begegnungen und morgen sind es bereits sieben Wochen dass ich unterwegs und weg von zu Hause bin. Zur Zeit habe ich eine wunderbare "Herberge" in Sillian gefunden, bei den Eltern einer sehr lieben Freundin. Vielleicht bin ich einfach auch ein wenig erschöpft und müde von den Anstrengungen der letzten Woche, weil ich den Karnischen Kamm mit einem ernomen Kraftakt in nur sieben Tagen gequert habe, einfach um die stabile Wettersituation zu nutzen.
Und bei meiner gestrigen Ankunft in Sillian war ich auch sehr glücklich, dankbar und ein wenig stolz auf mich, dass ich tatsächlich von Wien bis Sillian zu Fuß gegangen bin und heute war ich mit Hr. Gasser (meinem sehr charmanten und humorvollen Gastgeber) auf dem Hausberg von Sillian, dem Thurntaler, wo wir eine große Runde um den ganzen Berg gemacht haben, mit fantastischen Blicken ins Villgratental und zu den Dolomiten (die nun vor mir liegen). Hr. Gasser ist immerhin schon 88 und meinte eben, als ich ihn nach dem Namen des heutigen Berges, auf dem wir waren fragte, ich solle doch "Großglockner" schreiben, weil den jeder kenne. Ich darf hier in seinem "allerheiligsten" Büro den Computer benutzen und eben hat er mir erklärt, dass er mich als Sekretärin mit Aufräumbefugnis behalten wird, weil ich es schaffe auf dem Computer zu schreiben. :-)
In einem meiner letzten Träume auf der Porzehütte, wo ich kaum schlafen konnte, weil im Hüttenlager ein Mann fast durchgehend, lautstark und in allen Variationen geschnarcht hat, ging es um den Schmerz eines Freundes, den ich so intensiv gespürt habe, dass sein Schmerz im Lauf des Traumes zu meinem eigenen wurde, was mich daran erinnert, dass ein Eremit darauf befragt, was er denn in seiner einsamen Höhle finden würde, antwortet "alle Tränen dieser Welt".
Heute während ich durch Sillian gegangen bin, um im Sportgeschäft neue Socken zu kaufen (weil mir der starke Wind auf der Sillianer Hütte einen meiner Lieblingssocken davon geweht hat) habe ich darüber nachgedacht, warum sich diese Form von Wehmut meistens in den Momenten des "ankommens und ausruhen" einstellt und sehr selten während des Gehens. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich gestern mit Hr. Gasser eine Reliefkarte der Dolomiten angeschaut habe und feststellen musste, welche massiven Gebirgsstöcke alleine zwischen hier und Bozen liegen. (Ganz zu schweigen von jenen zwischen hier und Nizza :-)
Jedes Ankommen, impliziert auch einen neuerlichen Aufbruch, einen Abschied aus einer neu gewonnenen Geborgenheit. Jeder neuerliche Aufbruch ist mit einer gewissen Ungewissheit verbunden. Angekündigte feuchtkühle Luftmassen mit Gewitterneigung in den südlichen Alpen, zusätzlich zu den mir mehr oder weniger unbekannten Sextener Dolomiten bauen sich in meiner Vorstellung zu einer beängstigenden Größe auf, verglichen mit der Behaglichkeit hier vor Ort: eine Wanderung mit ortskundigem Begleiter und leichtem Gepäck, danach eine kleine Siesta, von Vera bekocht und verwöhnt werden, ein großzügiges, lichtdurchflutetes Haus mit Blick zum Karnischen Kamm, alle Annehmlichkeiten wie Dusche, ein frisch überzogenes Bett, eine kultivierte, freundliche Atmosphäre, die sich für mich mittlerweile wirklich wie der totale Luxus anfühlen - Kirschkuchen, Haferflockensuppe mit Gemüse, Obst, Reis mit Putengschnetzeltem, verzeiht meine unendlichen Essensaufzählungen, aber ihr könnt euch den Genuss, den diese Speisen für mich bedeuten, gar nicht vorstellen. Paradies und Schlaraffenland in einem.
Gleichzeitig eine Form von zunehmender Fremdheit Straßen, Autos und Geschäften gegenüber. Alleine der Gang zum Sportgeschäft hat mich mehr Kraft gekostet, als eine Tagesetappe am Karnischen Kamm. (ein wenig übertrieben)
Meine Beziehung zu den Bergen ist mittlerweile differenzierter geworden und wie in jeder Liebesbeziehung nach der ersten Verliebtheit, die Schattenseiten auftauchen, so habe ich letzte Woche auch ein paar Schattenseiten meiner "Liebesbeziehung zu den Bergen" entdeckt. Von der Valentinalm zum Valentintörl ein anstrengender Aufstieg, oben angekommen eine wirklich nette Begegnung mit einem zahmen (weil verfressenen Murmeltier) und zwei Wanderinnen, die mir gleich einen Apfel schenken, weil sie, im Gegensatz zu mir, am Abend wieder zu Hause sein werden, wo es viele Äpfel geben wird. Ich freue mich sehr über diesen Apfel und ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr dieser Apfel die Butterbrotjause dieses Tages aufgefettet hat, einfach köstlich, diese vielen kleinen und großen Gaben am Weg, die tun einfach nach wie vor unglaublich gut. Auf der Feistritzeralm, wo ich Sonia der Amerikanerin begegnet bin, waren ein paar Waldarbeiter und ein Bergretter, die ihre selbstgemachte Jause mit uns geteilt haben - frisch gebackenes Brot, selbstgemachte Salami und Schmalz und weißer Rettich aus dem Garten. Dieser Akt des Teilens und Eingeladen werden ist immer wieder ein Geschenk, dass mich unglaublich berührt und mit den Menschen verbindet, weil in diesen Momenten der Gastfreundschaft, eine in uns angelegte menschliche Dimension durchschimmert und leuchtet, die dem ganzen Gerede von "Geiz ist geil" und "jeder ist sich selbst am nächsten" etc. eine sehr schlichte Antithese gegenüberstellt, nämlich jene, dass es Menschen Freude macht zu teilen und dass in diesen Momenten eines dieser kleinen Lichter in die Welt kommt, die unser Dasein in ein Fest verwandeln.
Aber zurück zu meiner "Liebesbeziehung". Oben am Valentintörl eröffnet sich dem Blick eine unglaublich, imposante Bergkullisse von massiven Kalkgebilden, unten schimmert der Wolayersee. Ich nehme Abschied von den netten Frauen und beginne den Abstieg. Der See ist, weil Sonntag und ein sonniger, heißer Tag von Bergtouristen geradezu umzingelt. Ich weiß schon, warum ich so ungern zu sogenannten Attraktionen oder attraktiven Orten wandere, mir sind die unspektakulären Nebenpfade, dort wo die Masse nicht mehr hinfindet wesentlich lieber, vor allem in der Natur. Nun gut, nach sechs Wochen mehr oder weniger ausschließlicher Einsamkeit in weiten Landschaften, war dieser Sonntagstrubel rund um den Wolayersee ein kleiner Schock für mich und ich habe den See deshalb so schnell als möglich hinter mir liegen lassen.
Der Weg führte weiter bergab, zur oberen Spielbodenalm. Es war drückend heiß und die Berge, die mir oben in ihrer massiven Erscheinung noch atemberaubend schön erschienen, von diesen Bergen fühlte ich mich plötzlich umzingelt, eingeschlossen. Eine Wiese (die Alm) und rundherum, wie in einer Arena eine geschlossene Front von Bergen und in diesem Moment habe ich realisiert, dass ich nicht gerne zwischen Bergen eingeschlossen bin, ich mag es lieber wenn sie sich ungefähr auf gleicher Augenhöhe mit mir befinden und deshalb ist mir auch kein Aufstieg zu anstrengend oder schweißtreibend, weil sich oben angekommen eine unglaubliche Weite eröffnet. Eine Weite, die Raum gibt und aufatmen lässt.
Auf der Garnitzenalm war ich der erste Gast von Martin Wälti. Er ist Schweizer mit einer bewegten Lebensgeschichte und seit zwei Jahren ist er Hirte und gemeinsam mit seiner Frau betreut er heuer die Garnitzenalm und etwa 200 Rinder. Er hat mir erzählt, dass er voriges Jahr auf einer kleinen, abgelegenen Alm verbracht hat und dass diese Zeit die schönste und intensivste seines bisherigen Lebens war. Was mich an der Begegnung mit Martin nachträglich beschäftigt und beeindruckt hat, war neben seiner großen Ruhe und Kraft, die er ausstrahlt, sein Mut immer wieder von vorne anzufangen und Entscheidungen für sein Leben zu treffen, die ihm gewisse Gestaltungsmöglichkeiten und darin eine Form von Freiheit eröffnen.
Wie würden unsere Leben aussehen, wenn wir weniger Angst hätten?
HeldInnen des Alltags. Vera zum Beispiel. Sie kommt aus der Slowakei, arbeitet in Österreich als Pflegerin, ist jeweils drei Wochen zu Hause und drei Wochen weg und erzählt mir von ihrem Vater, der nach dem Krieg 13 Jahre in Russland "gearbeitet" hat. Er musste ein Papier unterschreiben, dass er niemand über diese Arbeit erzählen darf und wenn er es doch tun würde, dann würde er erschossen werden. Ein Bekannter von ihm, war noch länger in Russland und er hat bis heute niemand von dieser Zeit und Arbeit erzählt, weil er immer noch Angst hat.
Meine Computerphobie nimmt auf dieser Reise ungeahnte Ausmaße an. Eben hat sich dieser hier vor mir "aufgehängt", das smartphone spielt alle Stücke, die es tatsächlich zu dem "use it like you hate it" Teil werden lassen, als dass es verkaufstechnisch beworben wird und trotzdem bin ich froh über die Möglichkeit mit euch kommunizieren zu können.
Morgen ist Freitag und ich mache mich wieder auf den Weg. Der Rucksack will neuerlich gepackt werden und ich bald ins Bett. Deshalb verabschiede ich mich jetzt von euch und wünsche uns allen eine möglichst angstfreie Liebesbeziehung mit dem Leben.
Eure Barbara
p.s. die beiden letzten Etappen auf dem Karnischen Kamm haben mir meine Schutzengel Bernd vorbeigeschickt und wir haben uns gegenseitig ermutigt, bestärkt und zu ungeahnten Höchstleistungen aufgeschwungen. Zu zweit ist man einfach weniger allein :-) danke Bernd!
Liebe WeggefährtInnen,
anbei der Sommernewsletter von Gerald Hüther (Neurobiologe), der mir aus dem Herzen spricht, deshalb möchte ich ihn gerne mit euch teilen!
Herzliche Grüße von eurer WandelWanderin
Barbaranewsletter Gerald Hüther
Liebe(r) Christian
Gerade komme ich zurück von einer Veranstaltung in Hamburg. "Neurobiologie meets Nächstenliebe", in der Kulturkirche Altona. Ich habe wieder einmal versucht zu erklären, weshalb das Zeitalter der Einzelkämpfer, der Konkurrenz und des voneinander Abgrenzen vorbei ist, wie gut es für die Vernetzungen im Hirn wäre, wenn wir miteinander besser verbunden wären. Wenn wir aufhören könnten, aneinander zu leiden und uns als Opfer der Verhältnisse zu erleben, die wir doch nicht selbst erst geschaffen haben. Wenn wir stattdessen versuchten, einander wieder näher zu kommen und uns für uns alle günstigere Beziehungskultur, eine einander unterstützende Art des Umgangs miteinander entwickeln.
Und wie immer, wären auch diesmal nach meinem Vortrag die üblichen Bedenken und all diese "ja, aber" Kommentare gekommen, wenn nicht Schwester Karoline mit auf der Bühne gestanden hätte. Eine kleine Frau, stark wie ein Baum, längst im Rentenalter aber immer noch unterwegs in den Armutsvierteln, in den finstersten Slums südamerikanischer Großstädte.
Eine Frau, die selbst unter der Diktatur von Pinochet immer wieder Mittel und Wege gefunden hatte, um anderen Menschen Mut zu machen und ihnen zu helfen. Als sie von ihrer Arbeit in den Armutsvierteln berichtete, wurde es sehr still in dieser Kirche. Nicht weil Schwester Karoline so vielen Menschen geholfen und ihnen in scheinbar ausweglosen Situationen beigestanden hatte, sondern vor allem deshalb, weil sie selbst so glücklich darüber war, dass sie für die Menschen da sein konnte. Das war es, was die Besucher dieser Veranstaltung spürten und was sie so sehr berührte. Dieses Gefühl lässt sich nicht wecken, indem man anderen erklärt, dass es gut fürs Hirn wäre, wenn man anfänge so zu leben.
*Worum geht es?*
Es geht eben nicht um mehr Wissen, sondern es geht um die Schaffung von Gelegenheiten, neue Erfahrungen zu machen. Erfahrungen, die uns wieder stärker mit uns selbst verbinden und aus denen wir die Kraft schöpfen, uns anderen Menschen zuzuwenden, sie einzuladen, sie zu ermutigen und sie zu inspirieren, sich noch einmal ein wenig mehr auf all das einzulassen, was es in ihnen selbst, in den Anderen und in ihrer jeweiligen Lebenswelt alles zu entdecken und zu gestalten gibt. Wenn das gelingt, verändern Menschen auch ihre bisherigen Haltungen und inneren Einstellungen. Nicht durch Druck,nicht durch Belehrungen, nicht durch Belohnungen oder Bestrafungen und auch nicht durch gut gemeinte, mehr oder weniger kluge Ratschläge, sondern nur durch am eigenen Leib gemachte, also unter die Haut gehende neue Erfahrungen.
Damit Menschen bereit sind, sich auf solche neuen Erfahrungen einzulassen, brauchen sie eine Ahnung davon, wie es sein könnte und ein bisschen Mut, den ersten Schritt in eine solche Richtung zu wagen. Der Rest passiert dann meist von ganz allein. Das gilt für Eltern, wenn sie wieder anfangen, der angeborenen Lernlust und Entdeckerfreude ihrer Kinder zu vertrauen. Das gilt für ErzieherInnen und LehrerInnen, wenn sie sich sinnlosen Vorgaben irgendwelcher Schulbehörden zu widersetzen beginnen. Und das gilt für all das, was wir gegenwärtig in Familien, mit Nachbarn, in Schulen und Universitäten und an der Arbeit in Betrieben und Organisationen erleben. Überall kann man diesen kleinen Schritt hin zu einer etwas anderen, einer etwas vertrauensvolleren oder sogar einer etwas liebevolleren Beziehungskultur wagen.
Kürzlich habe ich bei einer Expertenanhörung im Bundestag gewagt, den Abgeordneten zu sagen, dass die Zunahme an ADS-Diagnosen und Ritalinverschreibungen wohl weniger etwas mit den Kindern, sondern mit der in unseren Schulen herrschenden Lern- und Beziehungskultur zu tun hat. Es war interessant zu spüren, dass die Abgeordneten das offenbar auch schon geahnt hatten. Sie waren betroffen und genau das ist der Anfang jeder Veränderung.
Die Situationen an unseren Schulen wird sich aber wohl auch ohne die Mithilfe dieser Abgeordneten schneller ändern, als wir uns das gegenwärtig vorzustellen imstande sind. Die Wende in der ehemaligen DDR oder die Bürgerbewegung in Nordafrika hat ja auch niemand vorhergesehen. Die alten Strukturen waren einfach zu starr geworden und die Menschen, die darunter zu leiden hatten, haben einfach damit begonnen, sich zusammenzuschließen, sich zu verbinden. Und wenn Menschen beginnen, sich gemeinsam auf den Weg zu machen, gibt es nichts, was dann nicht auch gemeinsam überwunden werden kann.
*"Connectedness. Die neue Wissenschaft von der Verbundenheit"* heißt deshalb auch der Sammelband, den ich mit Christa Spannbauer zusammengestellt habe und der kürzlich im Huber Verlag erschienen ist. Hier machen Wissenschaftler aus unterschiedlichsten Disziplinen deutlich, dass es an der Zeit ist, uns von diesem alten Weltbild zu lösen, das uns vorgaukelte, wir könnten die Welt, in der wir leben, dadurch verstehen, dass wir sie in ihre Einzelteile zerlegen. Hier <http://6098.cleverreach.de/c/7163802/3d409a96185d> können Sie etwas in das Buch hinein lesen.
*Drei wichtige Initiativen*
Alles, was existiert, ist das Ergebnis von Beziehungen. Und je komplexer die Beziehungen gestaltet werden, um so faszinierender ist das, was dabei herauskommt. Das gilt für unser Gehirn ebenso wie für unser Zusammenleben. Nicht nur in der Familie, auch in Bildungseinrichtungen und nicht zuletzt auch in Unternehmen und Organisationen.
*Kulturwandel in Unternehmen und Organisationen* heißt deshalb auch eine Initiative, die es seit letztem Sommer bereits gibt und die wir in den vergangenen Monaten neu durchdacht und überarbeitet haben. Das Ziel unserer Arbeit ist es, Wege und Möglichkeiten für eine andere, eine günstigere Beziehungskultur in Unternehmen aufzuzeigen und dadurch die zu inspirieren, die das möglich machen können. Dass das nicht immer nur durch Unternehmenschefs geschehen muss, sondern jeder Einzelne sich einbringen kann, lesen Sie beispielhaft an dem Projekt "Bottom-Up". Das Ergebnis unserer Bemühungen können Sie sich hier ansehen: *www.kulturwandel.org* <http://6098.cleverreach.de/c/7163803/3d409a96185d>
In der Initiative *Schulen der Zukunft* geht es um den Aufbau einer günstigeren Lern- und Beziehungskultur an Schulen damit Kinder und Jugendliche ihre Potentiale weiterhin entfalten können. (*www.schulen-der-zukunft.org* <http://6098.cleverreach.de/c/7163804/3d409a96185d>) In dieser Initiative zeigen wir Schulen, die so eine Kultur der Potentialentfaltung leben und stellen Projekte vor, die auch ausserhalb von Schulen potentialentfaltende Bildung fördern. Interessierten Schulen, die diesen Weg beginnen wollen, vermittelt die Initiative die passenden Partner.
Und ein Thema, das mir ganz besonders am Herzen liegt, sind die Beziehungen zwischen Jungen und ihren Vätern bzw., wenn die nicht da sind, zu männlichen Vorbildern, die ihnen Orientierung dabei bieten, zu authentischen, verantwortungsbewussten und liebevollen Männern heranzureifen. Diese Initiative wird zur Zeit aufgebaut und soll nach der Sommerpause starten. Wir suchen im Moment noch nach weiteren Unterstützern und guten Projekten. Wenn Sie sich einbringen möchten, melden Sie sich gerne unter *info@maennerfuermorgen.com* <mailto:info@maennerfuermorgen.com>
Manchmal frage ich mich selbst, wie ich es schaffe, all diese unterschiedlichen Vorhaben voranzubringen. Die Antwort ist ganz einfach: das bin gar nicht ich, sondern das sind ganz viele, sehr engagierte Menschen, die hier ihre Erfahrungen, ihre Fähigkeiten und ihr Wissen einbringen und sich gemeinsam auf den Weg machen. Und das Geheimnis, das dazu führt, dass es klappt und am Ende auch wirklich etwas entstehen kann, was seine Wirkung entfaltet ist ganz einfach: es sind Menschen, die miteinander in Beziehung sind, die einander einladen, ermutigen und inspirieren und die fest davon überzeugt sind, dass es geht, dass sich die Art unseres bisherigen Zusammenlebens verändern, günstiger gestalten lässt.
Herzlichst
Ihr Gerald Hüther
newsletter@gerald-huether.de
20.06.2012
Liebe WeggefährtInnen,
kann es selbst noch gar nicht richtig fassen: nach etwas mehr als sechs Wochen bin ich heute auf der Sillianer Hütte angekommen, am Ende des Karnischen Kamms, den ich in sieben Tagen von Feistritz/Gailtal beginnend, gequert habe. D.h. ich befinde mich bereits in Osttirol vis a vis der drei Zinnen in den Sextener Dolomiten, wohin mich meine Reise als nächstes führen wird.
Zur Zeit bin ich unglaublich müde, die heutige Tour von der Porzehütte zur Sillianerhütte hat aus 2 Tagesetappen eine gemacht, weil die Obstanserseehütte (ein möglicher Stützpunkt) noch geschlossen ist. Aufbruch 5:00 morgens, 13 Stunden unterwegs, die letzten Tage waren ähnlich. Dafür haben mich Adler, ein Fuchs, eine Kreuzotter, viele Schafe, Ziegen, Pferde und noch mehr Blumen in allen Farben und Formen, mit den herrlichsten Gerüchen, fantastische Berglandschaften, unendliche Weiten und die beiden letzten Tage Bernd aus Villach, begleitet. Ihn haben meine Schutzengel geschickt, weil die zwei letzten Touren ziemlich ausgesetzt und nicht ganz ungefährlich waren, da hat es einfach gut getan und ein wenig mehr Sicherheit verliehen, nicht alleine zu gehen. Von der Feistritzer Alm bis zur Egger Alm war ich gemeinsam mit Sonia aus Amerika unterwegs und wir haben uns gemeinsam an den herrlichen Almen und den vielen Tieren, die erst vor kurzem hochgetrieben wurden, erfreut. Sonia ist ein großer Fan von Kühen, ich mehr von Schafen und ganz besonders von Ziegen.
Auf der Valentinalm habe ich Duck, den Amerikaner, getroffen. Er hatte sich am Dreiländereck von den Julischen Alpen kommend, verirrt und nach einer Nacht im Biwaksack auf einem Felsen verharrend, in der Früh die Bergrettung gerufen, weil es rundherum steil hinunter ging und er nicht wusste wie er sich aus dieser misslichen Situation befreien könnte. Gerettet wurde er von Robert, den Sonia und ich auf der Feistritzter Alm getroffen haben und der gemeinsam mit seinen Freunden, eine tolle selbstgemachete Jause, mit uns geteilt hat.
Nichts bleibt auf diesen Wegen im Verborgenen, die Geschichten eilen den Begegnungen voraus, unsere Wege kreuzen sich für einen Moment, manchmal teilen wir sie, dann zieht jede/r wieder alleine weiter. Duck hat von dem Druck gesprochen, den der Anspruch an sich selbst erzeugt, ein seltsamer Ehrgeiz oder Wettlauf mit sich selbst und dass er (vielleicht auch aufgrund der Nacht auf dem Felsen) immer weicher wird und alle Vorstellungen darüber, wie schnell er sein müsste oder was er zu schaffen hat, langsam gehen lässt.
Ich bin sehr froh darüber, dass ich nicht einem einzigen bereits vorgegebenen Weg folge, z.b. den roten Via Alpina und dann denke ich müsste diesen schaffen, weil ich nur dann die Berechtigung für diese Reise habe. Einerseits verleiht ein Ziel eine gewisse Orientierung, Struktur und Ausrichtung, andererseits kann es sich auch ganz schön kontraproduktiv auswirken, weil die Schönheit des Weges dabei verloren geht, weil es plötzlich nur mehr darum geht das Ziel zu erreichen und alles andere nebensächlich wird. Wenn ich mich zu viel mit dem nach wie vor sehr weit entfernten Ziel "Nizza" oder selbst jetzt mit der kommenden Querung der Dolomiten beschäftige, setzt mich das unglaublich unter Druck und alles erscheint mir plötzlich übermächtig groß und nicht zu bewältigen. Alle diese Berge, Täler, Pässe, die Anzahl der zu überwindenden Höhenmeter, die unendlich erscheinenden immer wieder kehrenden Auf- bzw. Abstiege kann tatsächlich nur für den Moment gedacht und Schritt für Schritt bewältigt werden.
"Nur für heute." Und in diesem "nur für heute" findet unser Leben statt. Nicht gestern und nicht morgen, sondern jetzt. Was weiß ich jetzt wie es dann in den Dolomiten sein wird, es wird ohnehin völlig anders sein, als ich es mir vorstelle und wenn ich hier und jetzt dem Moment vertrauen kann, dann ist alles gut so wie es ist und in der Verbindung und dem "hören auf meinen Körper" hört sich dann auch die Überforderung und das "etwas bestimmtes leisten müssen, um eine Daseinsberechtigung zu haben" endlich auf. (nicht ganz aber in kleinen Schritten immer mehr)
Miryam hat sich wieder verabschiedet, wahrscheinlich wird sie in Nizza wieder auftauchen und zufrieden auf´s Meer schauen :-)
Empfangsmäßig schaut´s nach wie vor schlecht aus, deshalb gab es die letzten Tage keine Standorte und Fotos.
Heute schlafe ich alleine im "3Zinnen Zimmer", worüber ich sehr froh bin, denn letzte Nacht gab es im Hüttenlager einen Säbelzahntiger, was die ohnehin kurze Nacht noch zusätzlich verkürzt hat.
Deshalb verabschiede ich mich jetzt von euch und gehe schlafen und wünsche euch allen eine friedliche, erholsame Nacht!
xxBarbara
Liebe WeggefährtInnen!
Heute Früh bin ich gemeinsam mit Bernd, mit dem ich die letzten zwei Tagesetappen am Karnischen Kamm unterwegs war, 1300 hm nach Sillian abgestiegen. Er ist mit dem Bus durch's Lesachtal zurück nach Villach und ich wurde von Karin's (eine ganz liebe, leider in Bozen lebende Freundin) Papa mit großer Gastfreundschaft in Empfang genommen (am liebsten hätte er mich gleich von der Sillianer Hütte abgeholt). Jetzt bin ich satt, dankbar, zufrieden, geduscht und sehr erschöpft. War doch ein ziemlicher Kraftakt die Karnischen in 7 Tagen zu queren. Hier im Tal sind die Kirschen fast reif, oben blühen die ersten Frühlingsblumen. Ich mag diese Kontraste. Jetzt wird erst mal ausgeruht, die Wäsche befindet sich bereits in der Waschmaschine (was für ein Luxus!) nachher ein Ausflug ins Dorf zum Karten und Ohropax Einkauf (es wird langsam laut auf den Hütten, leider)
Und dann die große Frage: wie geht's weiter? Nach Nizza ist's noch ziemlich weit, wenngleich ich bereits in Osttirol ganz nahe an der Grenze zu Italien bin.
Hoffe, ich kann euch bald einen Reisebrief schreiben!
Herzliche Grüße
Barbara [Standort]
18.06.2012
Yuppie! Empfang!!!
Ihr Lieben,
bin auf der Porzhütte, heute Früh vom Hochweissteinhaus, den "Via della Pace" (Friedensweg), lang, ausgesetzt, anstrengend und atemberaubend schön!!! Fast ausschließlich am Kamm entlang mit herrlichen Weit- und Tiefblicken zum Tauernhauptkamm, den Dolomiten, zu den italenischen Alpen, nichts als Berge und fantastische, unbeschreibliche Weite. Das alles bei wunderschönem Wetter...Essen am Tisch! Bis später... [Standort]
16.06.2012
Jetzt bin ich im GH Valentinalm, unweit des Plöckenpasses. Gestern auf der Straniger Alm. Kein Empfang dort, dafür drei verschiedene Sorten selbbstgemachter Käse und selbstgemachtes Heidelbeerjoghurt zum Frühstück :-)
Ein wunderschöner, aber unglaublich langer und anstrengender Weg hierher über Zollner See- Zollnerseehütte 1736m- Bischofalm- Köderkopf 2176m- Spielbodenalm1621m- Grünsee- Plöckenhaus- Theresienhöhe 1314m- Gh Valentinalm 1205 m
Insgesamt war ich 14Stunden unterwegs. Muss ins Bett...
Wünsche euch eine friedliche Nacht!
Barbara [Standort]
15.06.2012
Bin am Monte Cavallo (Roßkofel) 2240m
Fantastische Sicht in den Süden und zum Großglockner.Weite und Frieden euch allen!
Herzliche Grüße
Barbara [Standort]
14.06.2012
Todmüde und sehr glücklich. Bin auf der Garnitzenalm, kurz vor Nassfeld, bei einem Schweizer Hirten, der auch Koch ist und seit gestern erst auf der Alm, gelandet. Bin der erste Gast und wieder mal das ganze Schutzengelprogramm :-) Morgen mehr, falls Empfang. Gestern war großer Almauftrieb, Kühe, Schafe, Ziegen, Pferde - was für eine Freude!
Friedliche, erholsame Nacht euch allen!
xxBarbara [Standort]
Guten Morgen :-) wunderwunderschön hier heroben. Im Tal dicke Wolkenschicht, oben windstill, sonnig und angenehm warm.
Schicke euch unendliche Weite (innere und äußere) und wünsche euch einen sinnerfüllten Tag.
"Mögen alle Wesen glücklich und frei von Angst sein!"
13.06.2012
Endlich wieder Bergluft!!! Bin der glücklichste Mensch auf Erden :-) Heute zuerst bei Sonnenschein, dann bei heftigstem Gewitter und Hagel über die Achomitzeralm und den Achomitzerberg 1813m dann weiter zu der kleinen Kapelle Maria Schnee und dann weiter zur Feistritzer Alm, wo ich jetzt bin. Hab schon eine Festungsanlage des 1. Weltkriegs "entdeckt" und einen wunderbaren Sonnenuntergang erlebt.
Mit mir gemeinsam auf der Hütte ist eine Amerikanerin, die den roten Via Alpina geht, habe vom Hüttenwirt erfahren, dass zur Zeit 3 weitere Frauen alleine in den Alpen unterwegs sind. :-)
Eine Schweizerin, die zur Zeit über den Triglav geht., eine 70jährige Französin, die Amerikanerin (die aufgrund der Krise ihren Job auf der Bank verloren hat :-) und ich. Frauenpower in den Alpen!!!
Ihr Lieben, die Hüttenleute wollen schlafen gehen, deshalb verabschiede ich mich jetzt von euch.
Gute Nacht!!
Lg. Barbara [Standort]
12.06.2012
Liebe WeggefährtInnen,
bevor ich mich morgen endgültig auf den Weg in die Karnischen Alpen mache, möchte ich mich gerne von euch verabschieden, weil ich nicht weiß wie es dort oben mit dem Empfang ausschaut, außerdem spinnt das smartphone (der Aku ist trotz Vollladung bereits nach 2- 3 Stunden wieder leer und ich habe keine Ahnung woran das liegen kann)
Hatte heute einen wunderbaren, total verregneten Tag in Villach, wo ich mit dem Zug von Nötsch (in der Nähe von Feistritz an der Gail) hingefahren bin, also die Strecke, die ich bereits gegangen bin, wieder zurück, was ein sehr seltsames Gefühl war, aber irgendwie auch toll, zu sehen wie weit selbst diese Strecke (mit dem Zug ca. eine Stunde) zu Fuß tatsächlich ist/war (ca. 2 Tage).
In Villach habe ich im Bioladen eine sehr interessante Frau kennengelernt und es war so, als würden wir uns bereits kennen. Wir sind gemeinsam auf einen Tee gegangen und haben sicherlich zwei Stunden intensiv miteinander gesprochen, über die Krise und die Veränderung in der wir uns befinden, über Kinder und wie sie in und an dem (Schul)system leiden, über Heilung und kosmische Energien.
Danach war ich noch beim Villacher Alpenverein, wo zufällig eine Frau war, die am Donnerstag ebenfalls alleine zu einer Wanderung in die Karnischen Alpen aufbrechen wird, und wer weiß, vielleicht begegnen wir einander (sie steigt aber bei Thörl Maglern ein und ich bin ja schon ein Stück weiter) aber es ist ein schönes Gefühl, zu wissen, dass es noch eine andere Wanderin auf diesem Weg gibt.
Und immer wieder findet in all diesen Begegnungen ein starkes Gefühl von Verbundenheit statt und "gegenseitigem Erkennen", so als wären wir "Gestrandete" eines kranken Systems, die sich aber bereits ein Stück weit auf den Weg gemacht haben. Ich kann das noch nicht wirklich ausdrücken, aber ich empfinde keine dieser Begegnungen als Zufall, sondern sie haben, jede einzelne, eine tiefere Bedeutung.
Das erinnert mich an einen Spruch auf einer Postkarte, die eine zeitlang bei mir in der Küche rumstand: "Dieser Augenblick, der wichtigste Deines Lebens. Dieser Mensch der bedeutendste Deines Lebens." Nicht ganz, aber in etwa so. Aber damit sich das manifestieren kann, braucht es extreme Entschleunigung auf allen Ebenen und weniger von allem. Auch in Arnoldstein bin ich einer Spaziergeherin begegnet, die mich dann zu sich nach Hause auf einen Melissentee aus ihrem Garten eingeladen hat. Wären wir beide mit dem Auto durch die Gegend gefahren, wären wir uns nicht begegnet.
"Keine Zeit zu haben", obwohl an allen Ecken und Enden "soviel Zeit gespart wird", die dann in der sogenannten "Freizeit" zum "Zeitvertreib" wird, das könnte ein großes kollektives Kabarett werden und vielleicht könnte das der Beginn eines Ausstiegs aus diesem Wahnsinn sein: ihn erst mal bemerken und dann herzhaft darüber lachen, denn eine gewisse absurde Komponente lässt sich tatsächlich nicht leugnen. Übrigens habe ich gestern Abend im Gasthaus zur Alten Post ferngesehen und der Auftritt von Maria Fekter in der Zib 2 der war auch durchaus kabarettreif, überhaupt diese anhaltenden verzweifelten Bankenrettungsbemühungen ... wo kommen diese astronomischen Summen an Geld bloß her ... und wer wird das bezahlen?
Ich bin dafür, dass dieses Geld für die realen Notwendigkeiten der Menschen und für ihre grundlegenden Bedürfnisse verwendet wird: Wohnen, Essen, Bildung, Gesundheitswesen, Pflege, etc. und nicht zur Rettung eines Systems, welches das ganze Desaster wesentlich verursacht hat und jetzt "neuen Stoff" braucht, damit weiter "gespielt" werden kann.
Und jetzt ins Bett...
Wünsche euch eine gute Nacht oder einen guten Morgen und einen wunderbaren neuen Tag. Jeder neue Tag der Beginn eines neuen Lebens :-)
Einfach mal ausprobieren, wie sich dieser Gedanke in der Realität anfühlt...In Verbundenheit mit euch allen!
Barbara"Mögen alle Wesen glücklich und frei von Angst sein."
11.06.2012
Vor dem erneuten, großen Regen bin ich heute Vormittag ganz gemütlich und bei Sonnenschein von Agoritschach durch das Untere Gailtal nach Achomitz bei Feistritz an d. Gail gewandert. Froh, endlich wieder unterwegs zu sein. Gerade rechtzeitig (Regen!!!) habe ich auch noch ein angenehmes Quartier gefunden das Gasthaus zur Post, mit Internetanschluß und Sauna :-)
Laut aktuellen Wetterprognosen wird's erst Do wieder stabil, mal schauen. Sobald es besser ist, kann ich von hier in die Karnischen rauf, aber jetzt macht das leider gar keinen Sinn.
Wünsche euch einen guten Wochenbeginn und schicke euch nebelige, blassgrüne Holundergrüße.
Eure "ungeduldige" Wandlerin [Standort]
10.06.2012
Nachtrag zum newsletter #8
Liebe WeggefährtInnen,
vielleicht wundern sich einige von euch schon darüber, warum es seit Freitag (der übrigens mein sechster Freitag auf Reise war! :-) keine neuen Standortmeldungen mehr gibt.
Das hat den Grund, dass ich mich in diesen kleinen Ort hier- Agoritschach, nein vielmehr in die Pension Fatala und die wirklich großzügige, freundliche, mütterliche Wirtin Margit verliebt habe. Wobei sie gestern meinte, dass mich ihr Laptop hier "festhält". Was natürlich alles nur die halbe Wahrheit ist :-)
Der tatsächliche Grund meines verlängerten Aufenthaltes hier ist, dass ich mich in der Kunst "des Abwartens" übe, von der Thomas Haderlapp letztens am Telefon meinte, dass sie keine sehr weit verbreitete sei, worin ich ihm aus eigener Erfahrung wirklich zustimmen kann.
Fessi (Bernhard Heindl) hat ebenfalls darüber gesprochen, dass wir in unserer großen Zerrissenheit die Fähigkeit "des sich Niederlassens und wirklichen Daseins" verloren haben.
Nachdem es in meiner angewandten Forschung u.a. um nomadische und sesshafte Lebensentwürfe und den ihnen zugehörigen Bedürfnissen nach Freiheit und Zugehörigkeit geht, tut es jetzt mal ganz gut ein wenig "die andere Seite" zu üben.
Die Wettersituation ist nach wie vor eine sehr labile, gestern hat es ohne Ende geregnet und die umliegenden Berge waren auch heute Früh in dichten Nebel und grauschwarze Gewitterwolken gepackt und irgendwie warte ich auf "diesbezüglich bessere Zeiten", denn vor dem Karnischen Höhenweg habe ich, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen in den Karawanken, ziemlichen Respekt. Die einzelnen Tagesetappen am Karnischen sind sehr lang (10-12 Std. reine Gehzeit), es sind jeweils beträchtliche Höhenmeter zu überwinden, die Markierungen sind angeblich zum Teil nicht besonders gut und bei Nebel ist es da oben dann Schluss mit lustig. Und obwohl mir alle diese Erklärungen rational sehr gut nachvollziehbar sind, hadere ich ein wenig mit mir und meiner Übung des Abwartens. Denn von hinten herum schleicht sich sofort ein Anflug von schlechtem Gewissen ein, so als wäre das Gehen (also das "Arbeiten") mehr wert und wichtiger als das "Ruhe geben und DaSein", was natürlich auch sehr schön die Paradigmen unserer Gesellschaft wieder spiegelt.
Dabei ist es ganz wunderbar ein wenig Zeit zu haben, um den letzten Wochen und dem erlebten nachzuspüren, euch zu schreiben und zu lesen!!!
Ja, ich habe ein wunderbares Buch empfohlen bekommen, von Petra Plunger, einer meiner privaten Unterstützerinnen, die auf meine Frage nach der Geschichte der Region rund um Eisenkappel und dem Grenzgebiet zwischen Kärnten und Slowenien, das Buch von Maja Haderlap- einer Kärntner Slowenin, "Engel des Vergessens" empfohlen hat. Dieses Buch lese ich jetzt gerade und bin sehr berührt davon und es liest sich ganz wunderbar, kann ich euch allen ebenso empfehlen!Mittlerweile häufen sich die Gaben und die Unterstüztung, die ich auf meiner Reise erfahre in einer derartigen Dichte, dass ich gar nicht mehr nachkomme sie alle entsprechend zu würdigen. Vielleicht ist das im Grunde immer so, dass wir sehr viel an Unterstützung geschenkt bekommen, mehr oder weniger fast ununterbrochen, aber in den jeweiligen Tretmühlen unseres Alltags viel zu wenig Augenmerk darauf lenken, bzw. einfach die Räume für Wertschätzung und Dankbarkeit fehlen, bzw. auch keine geübten sind. Dabei haben alle Menschen, alle Wesen, eine unglaubliche Sehnsucht danach für ihren Beitrag wahrgenommen und wertgeschätzt zu sein.
Vielleicht hat es auch viel mit unserer Wahrnehmung zu tun, ein guter Freund von mir spricht in diesem Zusammenhang immer wieder von dem halbvollen oder halbleeren Glas.
Wie auch immer ich möchte mich an dieser Stelle bei euch allen, bei meinen UnterstützerInnen, bei meinen FreundInnen, bei den vielen WeggefährtInnen, die meine Reise mit ihren Gebeten, Wünschen, Herzenskraft und positiven, stärkenden Gedanken begleiten und natürlich bei den vielen Menschen, die mir unterwegs begegnen und mir ihr Bett, ihr Essen, ihre Zuwendung, ihre Unterstützung, ihre Anteilnahme, ihre Begeisterung, ihre Fürsorglichkeit (die Liste ließe sich unendlich fortsetzen) anbieten, für alle diese Gaben möchte ich mich aus ganzem Herzen bei euch allen bedanken!!!
Die Erfahrung des "getragen, geborgen und genährt seins", sowohl durch die Erde als auch durch eure Zuwendung, ist vielleicht eine der wichtigsten dieser Reise. Wie oft in meinem Leben habe ich mich einsam, verlassen, ungeliebt, wertlos und "zu kurz gekommen" gefühlt und wahrscheinlich kennt ihr alle diese Gefühle mehr oder weniger genau so, aber seit ich auf Reise bin erkenne und spüre ich, dass dieses Gefühl des angeblichen Mangels auf einem großen Irrtum oder einer verschobenen Perspektive beruht und vielleicht reden wir es uns auch gegenseitig immer wieder auf´s neue ein, damit das System der Tröstungen in Form von käuflichen Waren (Wirtschaft) aufrechterhalten bleiben kann. Der Tag an dem Myriam und ich in Arnoldstein einkaufen waren, hatte etwas von einem Besuch einer Welt, die mir zwar vertraut aber mittlerweile fast fremd geworden ist. Tatsächlich brauche ich das alles nicht, könnte es auch gar nicht alles schleppen. Das Buch werde ich lesen und dann meiner netten Gastgeberin schenken. Drei Stunden Arnoldstein, dass beileibe keine große Stadt, nicht mal ein großer Ort ist, waren mehr als genug. Der Moment wo ich auf meinem Rückweg nach Agoritschach, dass oberhalb von Arnoldstein liegt, wieder im Wald war, von nichts anderem umgeben als der stillen, kraftvollen Präsenz der Bäume, dieser Moment war nichts als ein einziges großes Aufatmen der Erleichterung, so als würde augenblicklich eine Last von mir abfallen, die Last des konsumierens, die Last der Autos, die Last der Menschen die alle glauben keine Zeit für ihr Leben zu haben, die Last der Eile die daraus entsteht.
Irgend jemand meinte vor kurzem, dass ich nach dieser Reise wahrscheinlich wieder in mein vertrautes, alltägliches Leben zurückkehren werde. Ich glaube das nicht und vielleicht bin ich naiv, es nicht zu glauben, aber diese Reise hat schon jetzt so viele meiner unüberprüften Annahmen und Überzeugungen auf den Kopf und in Frage gestellt, dass ich eher glaube, dass nichts mehr so sein wird, wie es vorher war. Was und wie es anders sein wird, welche Konsequenzen ich aus den Erfahrungen dieser Reise für mein Leben ziehen werde, dass alles sind zur Zeit noch offene Fragen auf die ich auch keine Antworten suche. Denn die Antworten beginnen sich bereits als Ahnungen in mir zu formen. In jedem Fall möchte ich in der einen oder andern Form die Fülle, die ich tagtäglich erfahre und geschenkt bekomme mit anderen Menschen teilen und in die Welt bringen, in welcher Form auch immer. Die Form wird sich finden. Und nie wieder glauben, dass ich wertlos bin. Ich bin Teil dieser unglaublichen Manifestation, die sich Leben nennt.
Veränderung ist nicht nur möglich, wir sind Teil dieser Veränderung! Genauso wenig macht es Sinn noch länger an einem System festzuhalten, dass erwiesenermaßen bereits an allen Ecken und Enden den Bach hinuntergeht, nur weil es das vertraute ist und das vertraute sich, auch wenn es scheiße ist, immer noch besser anfühlt als die Angst vor dem Unbekannten.
Hab vor kurzem diesbezüglich einen wunderbaren Satz von Birgit Breuel, einer deutschen Politikerin, die ich nicht kenne, gelesen:
"Wenn man in die falsche Richtung läuft, hat es keinen Zweck das Tempo zu erhöhen." :-)
So ihr Lieben, mein kleiner Nachtrag ist bereits ein großer geworden, deshalb beende ich ihn hiermit und werde jetzt ein wenig die Nase Richtung Berge halten und schauen, ob sie mich bereits rufen.
Und falls ihr Zweifel an unserer Fähigkeit zur Veränderung haben solltet, dann haltet euch an Laotse fest, der meinte "Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verdammen."
In diesem Sinn wünsche ich uns allen, viele kleine Lichter und keine Angst vor der Dunkelheit!
Alles Liebe
eure "abwarten übende" Barbara
Agoritschach, 10. Juni 2012
09.06.2012
Liebe WeggefährtInnen,
ich habe eine wahre Odysee mit diesem Brief an euch hinter mir. Ich war mehr oder weniger den ganzen Tag damit beschäftigt, am Schluss bin ich vor lauter Erschöpfung ins Bett gefallen und mit dem Geräusch des Regens eingeschlafen. Mittlerweile ist es bereits Abend geworden und morgen geht es, schlechtes Wetter hin oder her weiter Richtung Karnische Alpen.
Aber nun mein zweiter Text an euch (der erste ging verloren, weil sich das Programm nach einiger Zeit von selbst beendet, wie ich eben von der Wirtin erfahren habe, aber das wusste ich heute Morgen noch nicht...)
Die Mittagsglocken läuten. Der Dobratsch hüllt sich in eine dichte, grauwattige Wolkenhaube. Die Sirenen heulen, der Holunder riecht fantastisch und ich fühle mich elend, weil ich eben einen Text an euch, mit dem ich bereits den ganzen Vormittag beschäftigt war, gelöscht habe. Er ist unwiderbringlich verloren. Einfach weg und unauffindbar. Noch dazu war es einer jener seltenen Texte, die sich ganz frei und leicht, wie von selbst schreiben und er kam aus der Tiefe meiner Seele und all der bewegenden Erfahrungen der letzten Wochen. Bin ganz verzweifelt und mir ist zum heulen.
Habe Friedl angerufen, den Computerspezialisten :-) unter meinen Freunden, und mit Grabesstimme ins Telefon gesagt: "Weißt Du was mir passiert ist".
Er (ganz erschrocken): "Du hast Dir den Fuss gebrochen!" Ich: "Das wäre besser!" Jetzt könnt ihr euch vielleicht ungefähr vorstellen, wie mir zumute ist, wenn die Vorstellung einen gebrochenen Fuss zu haben, mir weniger schlimm erscheint, als einen Text zu verlieren. Leider ist es auch mit Friedls Hilfe nicht gelungen den Text zu finden.Auf ein Neues: Es regnet und hört gar nicht mehr auf, wie gut, dass ich hier im Trockenen vor dem Computer sitze und es soll mir nichts schlimmeres passieren, als einen Text zu "verlieren", denkt sich die Optimistin in mir. Furchtbar ärgerlich und schmerzhaft ist es trotzdem.
Auf ein Neues (der Versuch einer Rekonstruktion)
Der Tod ist mein ständiger Begleiter auf dieser Reise. Er begegnet mir in den Erzählungen der Menschen, die ich unterwegs treffe und er ist mir dicht auf den Fersen, wenn ich auf ausgesetzten, nur fussbreiten Pfaden unterwegs bin, wo mir mehr als bewusst ist, dass es nur einen unachtsamen Schritt braucht, für einen Fall ins Bodenlose, aus dem es möglicherweise kein Erwachen mehr gibt.
Ihr Lieben, das geht leider so nicht, ich kann diesen Text, den ich bereits an euch geschrieben habe nicht rekonstruieren, weil er ganz aus dem Moment und dem Erlebten der letzten Wochen heraus entstanden ist. Sich wie von selbst aus der Tiefe meiner Seele und meines Seins herausgeschrieben hat. Jetzt ist bereits "alles" gesagt, kann aber von euch nicht gelesen werden, weil der Text verschwunden ist.
Vielleicht hat Myriam ihre Hände im Spiel. Sie kauert dort hinten in der Ecke des Zimmers und kichert leise in sich hinein. Ein kleines böses Kichern, dass sich Schadenfreude nennt. Seltsame Begleiterin ist sie, eine Frau ohne Vergangenheit, zumindest behauptet sie das. Bis vor kurzem war ich sehr begeistert, dass ich plötzlich nicht mehr alleine unterwegs bin, sondern Begleitung habe. Noch dazu eine so extentrische und undurchschaubare wie die von Myriam van Doren. Denn wer kann schon erzählen, mit einer umwerfenden Schönheit, die mit Stöckelschuhen, Designerklamotten, Lippenstift, einem dezenten Parfum und Sonnenschirmchen bewaffnet ist, eine Alpenquerung durchzuführen. Während Myriam also mit ihrer atemberaubenden, durchaus nicht ungeschickten, aber eben leicht deplazierten Eleganz neben mir hertrippelt, fällt mein Blick auf meine verstaubten, bereits recht mitgenommenen Bergschuhe und meine zwar gebräunten, aber doch behaarten Beine und plötzlich fühle ich mich wie der letzte Bauerntrampel aus dem Dunkelsteinerwald.
Ich habe ihr einen Brief geschrieben. Damit hat alles begonnen. Wer schreibt schon einer völlig unbekannten Person, von der frau nicht mal weiß, ob es sie tatsächlich gibt, einen Brief. Noch dazu einen so vertraulichen wie jenen, den ich ihr geschrieben habe. Aber vielleicht gibt es auch noch einen anderen Grund für die Begegnung mit Myriam.
Am 5. Juni bin ich bei schlechtem Wetter den Stinzesteig mit Regenponcho hochgeklettert und kurz darauf bei der "Sexquelle" gelandet (die gibt es wirklich und sie nennt sich tatsächlich so, ist also keine Erfindung meiner ausschweifenden Phantasie). Neben der kleinen, unscheinbaren Quelle, steht ein buntes Schild, worauf eine nackte Frau und ein nackter Mann zu sehen sind, die angeblich den wunderbarsten Sex haben, weil sie vom Wasser dieser Quelle tranken. Und weiters die Aufforderung, doch bitte ebenfalls von dieser zu trinken. Ein kleiner Schluck und schon war´s passiert... Myriam tauchte auf!
Ich dachte ja ursprünglich (das war zumindest eine meiner Ideen für diese Reise), dass diese u.a. eine schrittweise "Dekonditionierung meiner sexuellen Moralvorstellungen" sein könnte. Aber bis zu der Begegnung mit der Sexquelle, hat sich diesbezüglich gar nichts getan. Im Gegenteil, mit jedem Gipfelkreuz, an jeder Wegkreuzung wird mir mit großer Nachdrücklichkeit mein katholisches Erbe in Erinnerung gerufen. Wusste gar nicht, wie viele Marienbilder, Bildstöcke und Kreuze meinen Weg begleiten würden. War wirklich erleichtert, als nach Mariazell der offizielle Pilgerweg endlich beendet war, denn es gibt unter den Pilgern offenbar einen Wettbewerb in "Wer stellt die meisten Kreuze auf". Kurz vor Strassegg, fand der fanatische Kreuzvermehrungswettbewerb seinen bisherigen fulminanten Höhepunkt mit zwölf Kreuzen. Perspektivisch ordentlich aneinander gereiht, stehen sie auf einer kleinen Wiese mittem im Wald Spalier für die Frömmigkeit oder Dankbarkeit ihrer Spender und die Wiese weiß nicht so recht was hier gespielt wird, weil sie plötzlich zwölf Kreuze auf ihrem (Wiesen)Buckel hat, anstatt einem, dass bekannlich mehr als ausreichend ist und als Last für ein ganzes Leben reicht.
Aber zurück zu Myriam und der Sexquelle. Es war nicht mehr weit zur Klagenfurter Hütte, die Landschaft mit ihren furchteinflössenden grauen Eminenzen- den umliegenden Berggipfeln, versank langsam zunehmend im Nebel und während es im leichten Nieselregen durch weite Latschenfelder auf weichen Almböden dahin ging, stellte ich mir, in Gedanken versunken, meine Ankunft auf der Klagenfurter Hütte vor (und Schuld daran war diese verflixte Sexquelle, denn wie gesagt bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keinen einzigen Gedanken an Sex verschwendet). Aber jetzt stellte ich mir vor, dass ich der einzige Gast sein würde (wie schon so oft davor), dass auf der Hütte ein netter alleinstehender Hüttenwirt sein würde usw. Es kam dann ohnehin alles anders.
Der Hüttenwirt war auf den ersten Blick ein ziemlich abweisender, wortkarger und strenger Gebieter über sein Reich - die Hütte und ich habe mich eher als Eindringling, denn willkommen gefühlt. Außer mir waren noch zwei deutsche Paare mit ihren Babys da, die zwar freundlich, aber vollkommen mit ihrem Anhang beschäftigt waren. Wie auch immer, ich habe mich still in eine Ecke gesetzt, brav, unauffällig und ohne Murren auf ein Gulasch mit Polenta gewartet (das vorzüglich geschmeckt hat, kochen kann er der Wirt!) und nachdem zumindest dieses Bedürfnis für´s erste gestillt war, die Deutschen sich verabschiedet und der Wirt sich in seiner Küche nebenan hinter dem Fernseher verschanzt hatte, um sich ironischerweise eine Sendung über das Paarungsverhalten von Raubtieren anzusehen, habe ich begonnnen einen Brief an Myriam zu schreiben.
Währenddessen war alles andere vollständig und dem Anschein nach für immer, im Nebel verschwunden und inmitten dieser Niemandslandschaft bin ich Myriam begegnet. Myriam ist eine langjährige Freundin von Jack. Er hat ihr in Wien sogar eine eigene Wohnung eingerichtet, in der ich schon öfter zu Besuch war, ohne Myriam jemals begegnet zu sein. Man könnte auch sagen, dass es Myriam gar nicht gibt, aber die Wirklichkeit besteht aus vielen Ebenen und auf Ebene sieben habe ich Myriam getroffen und seither sind wir gemeinsam unterwegs. Und sie sorgt dafür, dass ich nicht völlig vereinsame und verrohe auf meinen langen Streifzügen durch die Alpen. Geplant war das natürlich nicht. Jack hat mir vorgeschlagen, hin und wieder ein Päckchen, nicht an ihn, sondern an Myriam zu schicken, was ich auch getan habe, ohne zu wissen an wen ich das eigentlich schicke. Aber jetzt weiß ich es!!!
Forststraßen sind öd, lange Forststraßen können unendlich öd sein, vor allem wenn nach zehn Stunden gehen, die Füsse sich schon eher wie heiße, schwere Klumpen als wie zartgliedrige, bewegliche Wesen anfühlen. Die Sonne brennt herunter, der Mund ist trocken, ich bewege mich wie in Trance, Schritt für Schritt und immer wieder nichts als noch ein Schritt. Am liebsten würde ich mich auf der Stelle hinlegen und schlafen, bleierne Müdigkeit. Myriam legt mir ihre zarte, weiße Hand auf´s Kreuzbein, ihr Mittelfinger berührt ganz sacht meine Arschfalte. Sie sagt: "Das Arschloch ist der am meisten unterschätzte Ort in dieser Welt, genau so wie die Scheiße. (kurze Pause) Dabei gibt es nichts schöneres als Scheißen und aus Scheiße wird Humus." Das liebe ich an Myriam, sie ist so wunderbar unvorhersehbar und als Person völlig uneindeutig.
Sie war natürlich begeistert, dass wir mit dem Muffelwirten ins Tal gefahren sind (denn die Berge sind ihr trotz aller Liebe zu mir, doch ein wenig unheimlich, aber das würde sie natürlich niemals zugeben) und noch begeisterter war sie von unserem Zimmer im Lindenhof (denn sie liebt den Geruch frisch gewaschener Bettwäsche) und trotzdem hat sie sich in der Nacht aus dem Zimmer geschlichen, ist splitternackt in den Wald gerannt und hat dort eine Wildschweinfährte aufgenommen.
Erst in der Morgendämmerung ist sie zurückgekommen und hat sich mit einem wohligen und zufriedenen Grunzen zu mir ins Bett gelegt, der Geruch ihres Parfums vermischt mit dem Geruch von schlammiger Erde und etwas anderem noch viel animalischerem, dass ich nicht zuordnen konnte. "Wo warst Du?", habe ich sie gefragt. "Bei der Dokumenta", hat sie geantwortet. "Da geht es doch um Hunde, nicht um Wildschweine", habe ich geantwortet. "Nein, da geht es um die Erweiterung und Transzentierung des Menschseins, Mensch und Tierseins". "Bist Du ein Tier?". Anstatt einer Antwort, umarmt sie mich und es ist als würde mich ein uraltes Erdwesen umarmen. Das ist Myriam. Sie hat drei Jahre Psychoanalyse hinter sich, weil der Analytiker davon überzeugt war, dass er ihr dabei behilflich sein könnte ihre Vergangenheit zu finden, obwohl sich Myriam in keinster Weise für ihre nicht vorhandene Vergangenheit zu interessieren scheint. Sie ist ein Geschöpf der Gegenwart und erfindet sich täglich mindestens zehnmal auf´s neue. Aber der Analytiker sah gut aus, charmant, witzig und klug war er auch und deshalb haben sich die beiden drei Jahre lang rund um den unterschäztesten Ort dieser Welt köstlich amüsiert. Dann ist Myriam das Analytikerspiel langweilig geworden und deshalb geht sie jetzt mit mir über die Alpen. Hin und wieder, denn die ganze Strecke und nichts als gehen, dass wäre nichts für sie und ihre exaltierten, weitgestreuten Bedürfnisse, denn Myriam braucht und liebt nichts mehr als Abwechslung. Was das Gehen betrifft, wurde sie bisher mehr getragen, als dass sie selbst gegangen wäre, denn Myriam ist eine jener Frauen, wo die Männer Schlange stehen, um sie ein Stück tragen zu dürfen, deshalb hat sie auch so wunderbar zarte Füße.
Gestern hat sie vorgeschlagen, dass wir gemeinsam shoppen gehen (u.a. um die Haare auf meinen Beinen zu entfernen, die natürlich auch ihrem prüfenden Blick nicht entgangen waren), in den nächsten Ort, also nach Arnoldstein. Sie ist mit dem netten älteren Ehepaar im Auto mitgefahren, während ich es vorgezogen habe, zu Fuß zu gehen, weil frau dann einfach mehr sieht und erlebt. Agoritschach ist ein entzückender kleiner Ort, auf einer Hochebene gelegen mit Blick zum Dobratsch und einer Landschaft, der man ansieht, dass in, mit und von ihr Menschen leben und gelebt haben. Weite herrliche Blumenwiesen, ein paar Bauernhöfe, vor jedem Hof ein kleiner Gemüsegarten, eine Kirche, blühende Holundersträucher und die Pension Fatala, in der leider nicht mehr gekocht wird, vis a vis von der Kirche.
Und am Rand der Ortschaft gibt es mitten in den Feldern, in der Nähe des Waldes, umgeben von herrlichen Wiesen einen kleinen Friedhof, der mich daran erinnert, dass der Tod der ständige Begleiter meiner Reise ist.
Nach fünf Wochen unterwegs sein betrete ich langsam die Räume meiner Kindheit, dort wo alle und alles zu finden ist.
Selbst das verloren geglaubte.Eine Freundin schreibt mir in Bezug auf das schlechte Wetter: "Vielleicht müssen noch viele Tränen geweint werden."
Vielleicht gibt es einen anderen Moment, wo mein ursprünglicher Text an euch, in dem es um den Tod und die Angst vor dem Tod, um die nicht geweinten Tränen und die gescheiterten Lieben, um Räume der Begegnung jenseits von Bewertung und Kritik, um Verluste und Grenzerfahrungen, um Krisen und ihr Potential zur Erneuerung ging. Vielleicht schreibt sich dieser Text ein anderes Mal, ohne abzustürzen. Aus dem einfachen Grund, weil mich meine Reise in ungeahnte Tiefen und Weiten zu den unterschiedlichsten Orten menschlicher Existenz und Erfahrung führt, dort wo die Trauer und die Liebe, die Einsamkeit und die Verbundenheit, die Tränen und das Lachen, die Ganzheit und das Zerbrochen Sein gleichermaßen beheimatet sind. Und die Stimmen dieser Orte gerne mit euch geteilt sein und zu euch sprechen möchten.
Dafür habt ihr jetzt Myriam van Doren, meine neue Weggefährtin, ein wenig kennengelernt und vielleicht erzählt sie euch das nächste Mal von unseren gemeinsamen Abenteuern am Karnischen Kamm, nur ob sie bei der labilen Wettersiution mitkommt ist mehr als fraglich.
Ich widme diesen Tag und diese Zeilen an euch, dem Scheitern und dem Gescheiterten in unser aller Leben.
Mit herzlichen Grüßen von Myriam und mir!
Euer TraumwandelWanderinnenteam"Mögen alle Wesen ob sichtbar oder unsichtbar, in der Welt der Vorstellung lebend oder real, in unserer Nähe lebend oder weit entfernt, bereits geboren oder noch vor der Geburt, mögen alle Wesen glücklich und frei von Angst sein!"
Barbara Kraus, Agoritschach, 9.06.2012
> Sabina Holzer '11: FICTION CONCRÈTE Für Jack Hauser
Silent performance at the secret flat of Miryam van Doren © khz96
07.06.2012
Bin wieder über sieben Ecken und mit viel Glück in einer sehr netten Pension gelandet- Fatala- vis a vis von der Kirche und mit Blick auf einen blühenden Holunder und den mächtigen Dobratsch dahinter in einem kleinen Nest namens Agoritschach unweit von Thörl- Maglern. Und eine Suppe mit frischem Gemüse aus dem Garten der Schwester der Wirtin steht vor mir auf dem Tisch und ich freue mich wie ein Kind, endlich wieder mal Gemüse!!! [Standort]
Das mobile Kletterercafe meines großzügigen Gastgebers Wolfgang
Und weiter geht's, heute Vormittag am Wurzenpass
Friedensmahnmal am Dreiländerdreieck 1423m
Blick zu den Julischen Alpen
Blick aus dem Fenster 1
Blick aus dem Fenster 2 (Dobratsch)
Blick aus dem Fenster 3
Alles ruht sich aus :-)
Pension Fatala, mein heutiges Quartier
Guten Morgen, liebe WeggefährtInnen!
Gestern bin ich um 5:20 von der Bertahütte Richtung Mittagskogel 2145m aufgebrochen. War wohl noch ein wenig müde und hab anstatt des "Normalweges", den sehr schwierigen und auch nicht ungefährlichen Anstieg über den Nord/Ostgrad "erwischt". Außerdem wollte ich unbedingt den Venustransit sehen, woraus dann aufgrund der dichten Wolkendecke leider nichts wurde. War zwar etwas verwundert wie steil und unwegsam der Weg war, hab mir aber weiter nichts dabei gedacht, weil ich so damit beschäftigt war mich und meinen schweren Rucksack Schritt für Schritt über eine schwierige Stelle nach der anderen hoch zu hiefen. Nach ca. einer halben Stunde, wo ich bereits am Beginn eines Kamins war und der Weg davor bereits extrem ausgesetzt weil abschüßig, steil und unwegsam war, erst dann bin ich auf die Idee gekommen, dass ich möglicherweise am falschen Weg unterwegs sein könnte. :-) Rücksprache mit Wolfgang von der Bertahütte hat dies bestätigt, er hat mir außerdem die Wetterprognose mit "75% Regenwahrscheinlichkeit" zukommen lassen, die ich gar nicht gebraucht habe, weil es bereits zu regnen begonnen hatte und außerdem der Gipfel in einer dicken Wolkenschicht eingepackt war, die kräftigen und bedrohlich schwarzgrauen Nachschub von Slowenien erhalten hat. Bin also alles wieder mühsamst abgeklettert, was mich nicht nur einigen (Angst)Schweiß und Nerven gekostet hat, sondern zusätzlich total demotiviert hat, einen neuerlichen Anstieg über den Normalweg zu wagen.
Gestriger Weg von li nach reBin dann etwas angeschlagen und beschämt zur Hütte zurück (wegen meinem Aufbruch sind alle bereits um 4:00 aufgestanden und ich habe ein Jausenpaket, dass für 2 Tage gereicht hätte, mitbekommen) und habe dann aufgrund der labilen Wettersituation entschieden, nicht über Mittagskogel und anschließender etwa 12 stündiger Kammwanderung zum Wurzenpass zu gehen (was der Plan war) sondern dem Südalpinen 03er zu folgen (ebenfalls zum Wurzenpass, aber in einer tieferen Lage. Eine Entscheidung, die ich gestern noch einige Male bereut habe, denn das Wetter wurde wieder Erwarten besser und der Weg unten war nicht nur elendslang (war schlussendlich von 7:00-20:00 unterwegs, mit der Ehrenrunde auf den Mittagskogel also insgesamt 14 Stunden) sondern führte über weite Strecken Forststraßen, die kein Ende nehmen wollten, entlang.
Nichts desto trotz war der gestrige Tag aus mehreren Gründen, einmal mehr ein großes Geschenk. Durch dieses lange Gehen kommt man nicht nur an eine Grenze, sondern in eine Form von Trance. Zumindest ist es mir gestern so ergangen. Und innerhalb dieses Trancezustandes hatte ich sehr intensive und tiefgehende Einsichten, Bilder und emotionale Zustände, über die ich euch in meinem nächsten Brief an euch berichten werde.
Am Weg zum Gh BaumgartnerNur ein kleines Geheimnis verrate ich euch jetzt schon: seit der Klagenfurter Hütte begleitet mich Myriam van Doren, eine außergewöhnliche und mysteriöse Erscheinung und wir haben schon einige Abenteuer miteinander erlebt. Mehr dazu ebenfalls später.
Und auf der Bertahütte bin ich drei Piraten begegnet, das war ein bisschen wie auf einem anderen Stern sein. Langsam tut sich die neunte Dimension meiner Reise auf, dort wo die Träume und Traumgestalten zu Hause sind und die Fiktionen realer als die Wirklichkeit.
Das ist sehr aufregend und künstlerisch anregend für mich. Material für Geschichten und Performances, ohne
Ende :-)Aber zurück zu meinem gestrigen Weg:
Bertahütte 1527m-GH Baumgartner 919m-Truppehütte 1420m-Korpitscher Alm 1500m-Steinberg 1655m-Wurzenpass 1073m
Last not Least: weil es am Wurzenpass keine Übernachtungsmöglichkeit gab, hat mir Wolfgang, als "seinen Beitrag zu meiner Reise, die er super findet" folgendes angeboten: Abholung am Wurzenpass (gestern), ein warmes Essen (selbst gekocht mit frischem Salat aus dem Garten), eine heiße Dusche (war schon dringend notwendig) und ein Bett ( in dem ich geschlafen habe wie ein Stein in der Tiefe des Ozeans) und heute führt er mich zurück zum Wurzenpass, wo meine Reise ins Dreiländerdreieck und nach Thörl-Maglern weitergehen wird. Und dann beginnt bereits der Karnische Kamm!!!
Julische AlpenGestern, beim Anblick der Julischen Alpen am Weg zum Steinberg, habe ich vor Freude, Dankbarkeit und emotionaler Ergriffenheit geheult wie ein Schlosshund. Und mein Herz war so nah und so weit, wie schon lange nicht mehr. Ich gehe im wahrsten Sinn des Wortes durch alle Höhen und Tiefen, im Innen wie im Außen. "Der Nebel ist auch in Dir" hat Thomas Haderlapp vor ein paar Tagen gesagt, als ich mich am Telefon ein wenig über das Wetter beschwert habe. Und wie recht er hat, allles ist in uns:
"Wechselnde Pfade, Schatten und Licht. Alles ist Gnade. Fürchte Dich nicht!"
Ich danke euch allen, die mich begleiten, die mir begegnen, die mir helfen, die mich beschützen, die mit mir träumen, die mit mir gehen... Danke!
Eure TraumWandelWandlerin
06.06.2012
Grenzweg
05.06.2012
Ferlacher Spitz 1742m
Doch noch ein Gipfel heute :-) fantastische Sicht und schöne, etwas windige Abendstimmung. Mögen alle Wesen glücklich und frei sein!!!
Nichts als Berge im Westen
Mittagskogel visavis
Faakersee unten
Liebe WeggefährtInnen,
bin auf der Bertahütte 1567m in den Karawanken, unterhalb des Mittagskogel 2145m, auf dem ich morgen Früh den Sonnenaufgang begrüßen werde, wenn das Wetter mitspielt. Jetzt scheint die Sonne, heute war's fast heiß- kaum zu glauben nach dem gestrigen Inferno! Bin unter dem Karawankentunnel durch und dann den Gradschenitzengraben, immer dem Fluss entlang, zum Teil im Flussbett, ein Weg, wie ich ihn liebe :-) war sogar im Wasser!! Gämse 1 hat mir fast einen Steinsbrocken auf den Schädel gehauen, Gämse 2 hat mich mit großen Augen und ohne jede Angst betrachtet. Jetzt Suppe!!! [Standort]
Manchmal
gibt es zu viele Möglichkeiten. Soll ich noch einen Versuch hinauf wagen? Oder einfach dem Südalpenweg 03 Richtung Westen folgen, oder ein Stück zurück zu den Bergkapellen von Maria Elend gehen?
Wetter schaut im Moment wieder besser aus, also noch mal rauf, Höhenmeter sammeln :-) Auf zum Kahlkogel 1834m und dann auf die slowenische Seite, so mich die Berg- und Wettergötter lassen...
Guten Morgen, liebe WeggefährtInnen,
bin im (Rosen)Tal in Tallach unweit von Maria Elend in einem sehr angenehmen Quartier (wieder in einem Lindenhof :-) gelandet. Muss mich jetzt zur Abwechslung auch mal über das Wetter, dass mir zur Zeit zu schaffen macht, beschweren. Regen, Schnee und Nebel auf einmal ist einfach zuviel für Unternehmungen in den höheren Lagen, da geht dann leider gar nix mehr. Seit Tagen versuche ich über die Karawanken auf die slowenische Seite derselben zu kommen, um dort den Kamm entlang, weiter Richtung Westen ziehen zu können und lande doch immer wieder in aller Bescheidenheit am Fuss der Karawanken, weil sie sich zur Zeit, wie gesagt sehr abweisend benehmen, fast wie eine äußerst zickige, durchaus furchteinflößende Liebhaberin.
Aber ich bin unermüdlich in meinen Annäherungsversuchen :-) So habe ich mich gestern Früh gestärkt und gut gelaunt, bei Sonnenschein auf den Weg ins Bodental gemacht und konnte schon sehen, dass die Vertatscha sich von ihrer dunklesten Seite zeigt. Mein Plan war, über die Ogrisalm und den Stinzesteig (leichte Kletterei mit schwerem Rucksack und Regenponcho ist auch nicht ohne) zur Klagenfurter Hütte 1664m aufzusteigen (was ich auch allen wetterlichen Kapriolen zum Trotz durchgezogen habe) und auf der Hütte, wie in einem Basislager auf bessere Zeiten zu warten, um dann vielleicht heute oder morgen auf den Hochstuhl 2236m und von selbigem auf die slowenische Seite zu wechseln.
Das war mein Plan, aber der Hüttenwirt wollte ins Tal (der sitzt nämlich seit Tagen alleine und im Nebel auf seiner wunderschön gelegenen Hütte- die bei meiner Ankunft noch zu sehen war und dann mitsamt den Bergen rundherum im Nirvana verschwunden ist) also der Wirt hat mich mitsamt meinem Rucksack in sein Auto gepackt und bei strömendem Regen in dieses Gasthaus 2 gebracht.
D.h. jetzt "fehlt" mir ein Stück Weg, nämlich die Etappe von der Klagenfurter Hütte ins Rosental, wo der südalpine Weitwanderweg 03 ebenfalls hinführt. Das macht mich richtig unrund und ich überlege ob ich diese Strecke in umgekehrter Richtung gehen soll, aber das macht auch keinen Sinn, weil dann würde ich sie doppelt gehen. Oder jetzt von hier weiter Richtung Kahlkogel oder Bertahütte, wo der 03er hinführt und von dort auf den Mittagskogel... ihr seht schon, im Moment hab ich's schwer und würde mich gerne mit einem Bergfex, wie Jürgen Rossoll aus Mixnitz, beratschlagen lassen.
Erst mal frühstücken und dann entscheiden.
Schönen Tag wünsch ich euch allen!
Herzliche Grüße aus dem Basislager :-)
von eurer unermüdlichen, hartnäckigen Traumwandlerin [Standort]
04.06.2012
03.06.2012Endstation für heute! Bleibe im GH zum deutschen Peter :-) günstige, saubere Zimmer, ein Computer mit Internetanschluss im Haus :-) ein Bett, in dem ich bereits geduscht und herrlich müde liege (spüre die vielen, vielen Höhenmeter der letzten Tage) und werde jetzt gleich ein Schläfchen machen, bin ja bereits seit 4:00 wach und unterwegs. Bis später! Lg. Barbara [Standort]
newsletter #7
Liebe WeggefährtInnen,
rechts von mir die Geräusche aus der Küche, hinter mir dezentes Stimmgewirr und draußen das Geräusch von fliesendem Wasser - der Loiblbach fließt direkt vor dem Gasthaus "Deutscher Peter" vorbei. Dieses Gasthaus ist seit dem 15. Jhdt. ein Familienunternehmen, wo angeblich Kaiser Karl VI den Gastwirten Peter Tschauko deswegen "deutscher Peter" nannte, weil dieser als einziger der deutschen Sprache mächtig war.
Geschichtsträchtig ist nicht nur mein heutiges Domizil, sondern auch der Loiblpass und die gesamte Grenzregion hier zwischen Kärnten und Slowenien. Der Loiblpass wurde während des 2. Weltkrieges von KZ-Häftlingen gebaut, es befand sich dort angeblich eine "Außenstelle" des Konzentrationslagers Ausschwitz. Erzählt hat mir das gestern ein Gast in der "Linde" in Waidisch, der sich mit mir gemeinsam die Karte dieser Region angeschaut hat. Schade, dass ich Rita Trattnigg und Thomas Haderlapp, die morgen nach Eisenkappel kommen und urspründglich von dort sind, jetzt aber in Wien leben, nicht mehr treffen kann, denn jetzt hätte ich ganz viele Fragen an die beiden in Bezug auf die Geschichte. Zell-Pfarre, der Ort von dem ich gestern auf den Jauernig gewandert bin, war eine "Partisanenhochburg" und die Bevölkerung sind Kärntner Slowenen. Die Grenze an der ich mich zur Zeit bewege hat eine sehr leid- und gewaltvolle Geschichte und ich würde gerne mehr darüber wissen. Falls sich jemand von euch mit der Geschichte dieser Region eingehender beschäftigt hat, dann freue ich mich über diesbezügliche Informationen!
Nach 4 Wochen zu Fuss unterwegs sein, befinde ich mich mittlerweile in den Karawanken und folge zur Zeit dem Südalpenweg 03, der durch die Karwanken, die Julischen Alpen, die Karnischen Alpen und durch die Dolomiten und Sarntaler Alpen nach Brixen und Bozen führt. Dieser Weg, der zum Teil in der Wegführung identisch mit dem roten Via Alpina ist, wird die nächsten Wochen mein treuer Begleiter sein (das ist das schöne an Wegen, solange sie begangen werden, gibt es sie).
Jeder Freitag ist für mich etwas ganz besonderes. Intuitiv habe ich genau den richtigen Wochentag für meinen Aufbruch am 4. Mai gewählt, denn ich mag "Freitage" sehr gern, sie haben für mich etwas venusisches, ein Tag an dem ich gerne mit FreundInnen bin, mich verwöhne, etwas schönes unternehme, mich auf das Wochenende freue und bereits auf eine vergangene Woche zurückblicken kann. So ist das, wenn ich zu Hause bin. Seit ich auf Reise bin, weiß ich, dass jeder Freitag eine weitere Woche des unterwegs sein kennzeichnet und mittlerweile sind bereits fünf Freitage vergangen.
Freitag Nr. 1 am 4. Mai 2012, da habe ich in Oberkirchbach im Gasthaus Bonka geschlafen und war unglaublich aufgeregt und auch ein wenig wehmütig, nachdem sich meine Schwester von mir verabschiedet hatte. Aber in der Früh, beim Aufwachen, wo der erste Blick in den Garten mit blühenden Äpfelbäumen gefallen ist, war die ganze Bangigkeit weg und die ersten Schritte über die weitläufigen Hügellandschaften und Frühlingswiesen des nordwestlichen Wienderwaldes, war ich von nichts anderem begleitet als einem großen Gefühl von (Lebens)Freude und Dankbarkeit. Und einem, in dieser Form lange nicht mehr erlebten Gefühl von Vertrauen in die Fülle des Lebens und in den Fluss des Lebens.
Dieses "Urvertrauen", das mich seit ich unterwegs bin, begleitet, hat ganz viel damit zu tun, dass die "Erde" für mich nichts mehr abstraktes ist. Sie trägt und (er)nährt mich und uns alle im wahrsten Sinn des Wortes. Ich weiß jetzt, wo "wahre" Geborgenheit zu Hause ist - unsere wechselseitige Verbundenheit mit der Erde, mit den Elementen und mit allen Wesen ist unser "Zuhause". Und das besondere an diesem Wissen ist, dass es kein theoretisches/abstraktes, sondern ein "ergangenes" sprich mit dem eigenen körperlichen Sein gespürtes, erlebtes und erfahrenes Wissen ist. Es gibt eine Form körperlicher-seelischer Erkenntnis, die nur durch eine reale Erfahrung gemacht werden kann. Unser Körper weiß im Grunde alles. Wir wissen relativ wenig, von dem was unser Körper bereits weiß. Meine Füße "wissen" inzwischen mehr als vor 4 Wochen und gleichzeitig ist in ihnen das Wissen einer Kindheit gespeichert, wo ich fast das ganze Jahr barfuß ging. Das heißt meine Füsse wissen sehr viel und ich kann diesem Wissen meiner Füsse vertrauen. Vielleicht ist eines der vielen Geschenke dieser Reise, dass es mich mit einer anderen Form von "Wissen" verbindet und ich dieses Wissen als eine große Ressource meines Lebens wertschätzen kann. Mein Körper kennt das Gefühl von Wind, Regen, Kälte, Hitze, also das ganze Spektrum sinnlicher Wahrnehmung, und diese Erkenntnis verbindet mich mit einer Zeit, wo wir Menschen auf unserer Nahrungssuche zu Fuss über die Erde gezogen sind.
Das Gehen hat mittlerweile nichts mehr Schweres an sich, meine Füße haben sich erinnert und gehen gerne immer wieder und immer mehr und immer leichter. Ja, es gibt Momente von Müdigkeit und Anstrengung, aber die wechseln ab mit jenen des Ausruhens und es gibt nichts Schöneres, als dann in der Früh wieder gehen zu DÜRFEN!
Kurzer Einschub:
Ich wache jeden Tag zwischen 4:00 und 5:00 auf, Frühstück gibt es meistens erst ab 7:00, auf Wunsch max. eine halbe Stunde früher. Heute wollte ich, wegen der angekündigten Gewitter ab Mittag, schon früher aufbrechen und habe deshalb die Wirtin in der Linde gebeten, ob sie mir ein Jausenpaket herrichten kann und habe nicht nur zwei dicke Butterbrote, sondern ungefragter Weise zusätzlich eine Banane und zwei Haselnussschnitten mitbekommen (das sind dann diese kleinen-großen Gesten, die mich unglaublich reich beschenken. Ein wenig dünnhäutig bzw. sensibel bin ich vielleicht doch durch das viele "alleine in so großen Landschaften" unterwegs Sein. Da bekommen die Orte menschlicher Begegnung mit ihren Gesten von Freundlichkeit und Wohlwollen etwas ganz Besonders, so wie überhaupt alle diese sogenannten kleinen Dinge des Lebens in ihrer Größe und Wichtigkeit sichtbar und vor allem spürbar werden. Ein Schluck frisches Quellwasser, wo ich gleichzeitig die müden, heißen Füße abkühlen kann, macht mir in diesem und vielen anderen Momenten die Kostbarkeit von Wasser in einer Form bewusst, die sich schwer erzählen lässt.
Woran ich mich heute Früh, bei den ersten Schritten des steilen Anstiegs auf das Ferlacher Horn, erinnert habe, war dieses unbändige Gefühl von Freude, wenn ich als Kind aufgewacht bin. Ich habe mich deswegen daran erinnert, weil ich diesen heutigen Morgen in seiner taunassen Frische als unglaubliches Geschenk empfunden habe und dann ist mir durch den Kopf gegangen, dass uns jeden Tag unser Leben auf´s neue geschenkt wird, dass tatsächlich jeder neue Tag ein Neubeginn unseres Lebens ist und dass dieser Neubeginn etwas ganz zartes, sanftes, frisches und freudiges hat oder haben kann.
Ich war bei den Freitagen meiner Reise, wird schon wieder ein ziemlich langer newsletter :-)
Freitag Nr.2, am 11. Mai 2012, da war ich bereits in Mariazell im Hotel Grazerhof in dem Zimmer mit Blick auf Friedhof und ich hätte gerne mit meinen FreundInnen diese erste Woche, die sich wie ein halbes Leben angefühlt hat, gefeiert und mich umarmen und beglückwünschen lassen. Stattdessen habe ich einen Ausflug an den Erlaufsee gemacht, mir ein Elektrobot gemietet und mich wie eine amerikanische Touristin gefühlt, weil ich während der Bootsfahrt, vor der unglaublichsten fast kitschigen Landschafts Kulisse, mit Philipp telefoniert habe und wir über unsere Kunst gesprochen haben. Hätte eine Szene in einem Godardfilm sein können...
Und dann habe ich sieben junge Männer herausgefordert, die sich, nachdem ich es nicht lassen konnte, kurz in den wirklich eiskalten Erlaufsee
einzutauchen, dazu verpflichtet fühlten mir in nichts nachzustehen... was dann so ausgesehen hat: einer nach dem anderen ging mit cooler Lässigkeit an mir vorbei (ich war schon wieder im Trockenen), mit der Bemerkung "eh schön warm der See", worauf ich ihnen voller Begeisterung zustimmte und sie dann mit großem Geschrei und Gelächter, einer nach dem anderen in den See hüpften. Ein besonders harter Bursche hat sogar fünf Tempi geschafft. Und so haben sie mir und sich selbst ihre Männlichkeit bewiesen :-) Männer sind schon lustig...Einschub: Ich erkläre hiermit die Kunst des Gehens zur höchsten aller Künste. Ich erkläre hiermit die Kunst des All-ein-Seins zur notwedigen Voraussetzung des Mit-ein-ander-Seins.
Freitag Nr.3, 18.Mai 2012.
Am Hochangerschutzhaus. Ein wunderbarer Weg dort hin, durch das Zlattental, begleitet vom Plätschern des Baches, Lupinien, Sommerwiesen, Kühe, Narzissenwisse, Blumen und mein Herz ganz weich und weit, weil ich darin soviel Liebe und Schönheit finde für mich selbst und für meine FreundInne in der Ferne, ganz nah.
Einschub: mittlerweile sind alle im Gasthaus schlafen gegangen, d.h. ich sitze alleine vor diesem Computer, was für ein Luxus: alleine gehen, alleine schreiben und dabei gar nicht alleine sein. Irgend etwas brummt immer, diesmal ein anderes Geräusch als der Kühlschrank am Thalbergerhof.
Hochangerschutzhaus, beim Ankommen abendliche Kühle, verstärkt durch den Wind, drinnen ganz warm (ein Feuer im Ofen!) und menschliche Wärme zwischen den Menschen in der Hütte. Am Schluss eine Runde Heidelbeerschnaps, davor Gespräche, Begegnungen, geteilte Freude und Begeisterung. Ein Fest war dieser dritte Freitag meiner Reise!
Freitag Nr.4, 25.Mai 2012.
Ich breche bereits um 6:00 von der Winterleitenhütte zum Zirbitzkogel auf. Ein goldener Morgen, dann wird´s elementar ungemütlich, als ich um´s "scharfe Eck" (heißt tatsächlich und wahrscheinlich deswegen so) biege, weil mich dort ein eisiger Windstoß trifft und fast umhaut. Am Grat entlang, wie die Solodarstellerin in einem "drunken master" Kung Fu Film. Mehr stolpernd und wankend als gehend. Gemütlicher wird´s erst ab der Martiner Hütte, wo ich mich bereits in Kärnten befinde. Ein endlos langer Weg über herrlich weiche, dick gepolsterte Almböden, Bäume die sich selbst und mich vor dem Wind schützen und wie kleine Rokokodamen mit weiten Reifröcken aussehen, in jedem Fall sind sie alle winderprobte Persönlichkeiten. Ankunft im Naturfreundehaus Klippitztörl. Bin wieder einmal einziger Gast und werde mit Kachelofen, Freundlichkeit und Kärntner Kaasnudeln verwöhnt. Außerdem läuft der Fernseher und ich sehe zufällig Fritz Ostermayer in den Seitenblicken und freue mich darüber, ihn im Fernsehen zu sehen (es geht um die Premiere von seinem Stück in Graz). Steermann und Grissemann werden ebenfalls interviewt, alle drei sehen ziemlich erschöpft, wie nach einer 16 Stunden Wanderung, aus. Mein Zimmer geht Richtung Westen und die untergehende Sonne scheint gerade beim Fenster herein, als mir der Wirt das Zimmer zeigt. Ich bin überglücklich und so müde, dass ich bereits vor dem endgültigen Dunkelwerden einschlafe.
Freitag Nr. 5, 1.Juni 2012 (das war vorgestern), am Koschutahaus und mittlerweile bin ich zu müde, um weiter zu schreiben, auch weil dieser Freitag eine etwas ausführlichere Beschreibung verdient und die hebe ich mir und euch für ein ander Mal auf.
Die gesamte Freitag Abteilung ist ein nachträglicher Einschub, also stimmt der Text in der Zeitabfolge nicht mehr, aber das ist auch nicht weiter tragisch.
Davor (wo ich noch nicht alleine vor dem Computer war), habe ich folgendes geschrieben:
Seltsam dieses halböffentliche Schreiben, das zwar für euch meine WeggefährtInnen bestimmt ist, aber sich gleichzeitig einer medialen Öffentlichkeit bedient. Habe die letzten Tage viel darüber nachgedacht, wie und in welcher Form ich die zweite, dritte, vierte und siebte Dimension meiner Reise kommunizieren möchte. Camus hat einmal gesagt, dass man als schöpferischer Mensch zwei Leben lebt. Ich glaube, wir leben alle sehr viel mehr als nur ein Leben und das ist vielleicht das große Geschenk eines schöpferischen Lebens, dass es die Komplexität der menschlichen Erfahrungen nicht negieren muss. Eine Freundin von mir hat in diesem Zusammenhang von "krimineller Energie" gesprochen. So wie ich Kunst begreife, ist es einer der wenigen Räume, wo diese "Mehrdimensionalität" unseres menschlichen Seins mit all seinen Schluchten, Abgründen, Höhen und Tiefen, Albträumen und komplexen Ambivalenzen - also die Schutthalden unserer menschlichen Existenz - nicht nur sein dürfen, sondern mehr als willkommen sind.(Jenseits von kapitalistischen Marktkriterien, die vor der Kunst nicht halt machen, im Gegenteil, voll vereinnahmt an allen Ecken und Enden.)
Die dreckigen, gatschigen, staubigen, steinigen Wege, die nichts anderes sind als unterschiedliche Seinszustände von "Erde", von der wir immerhin leben, weil sie uns ernährt und alles schenkt, was wir zum Leben brauchen, diese dreckigen Wege werden begradigt und zubetoniert, damit wir möglichst schnell von A nach B kommen, mit Autos, die gefährlicher sind als Aligatoren, um schlussendlich nirgendwo so richtig zu sein, weil wir möglichst schnell wieder ganz woanders sein möchten, als dort wo wir gerade sind.
Heute am Nachbartisch saß eine Familie beim Essen und von der Mutter angefangen, bis hin zu den drei Kindern hatte jede/r von ihnen ein anderes elektronisches Medium in der Hand - der Sohn ein I-Pet, die Mutter ein Samart Phone und die zwei Töcher ebenfalls jeweils ein Smartphone.
Aber ich war beim Dreck unserer menschlichen Existenz und so wie Dreck (der wie gesagt, nichts anderes als Erde ist, falls wir nicht in Hundescheiße gestiegen sind) an den Schuhen, diese nicht salonfähig macht, so opfern wir auch unseren "menschlichen Dreck", der in Wirklichkeit der Humus für unsere Seele und Menschlichkeit ist, unseren fein säuberlichen und netten, aber leblosen Fassaden. Zwischen BäuerInnen, im ursprünglichen Sinn, und KünstlerInnen, so wie ich diese/n "Beruf/ung begreife, gibt es meinem Verständnis nach eine große Parallele: beide arbeiten für und mit der Materie des Lebens.
Gerade eben hat mich die Köchin gefragt, ob ich über die Berge gehe, und als ich ihr erzählt habe, dass ich vor 4 Wochen von Wien weggegangen und Richtung Nizza unterwegs bin, kam die obligatorische Frage, ob ich denn keine Angst hätte, vor dem alleine gehen? Am Koschutahaus, ein wenig schärfer formuliert, "Hast Du keine Freunde, dass Du alleine gehen MUSST!" Ein wenig suspekt bin ich vielen schlussendlich doch, schon aufgrund der Tatsache, dass ich als Frau "alleine gehe". Gut, dass "man" "über die Alpen" zwischen "alleine gehen" setzen kann. Ein weiterer Standardsatz, der mir immer wieder begegnet und der mich mittlerweile fast ein wenig grantig macht, ist der Satz: "Ist das nicht langweilig?"
Nein, mir war noch keinen Moment dieser Reise langweilig und nein, ich habe keine Angst vor dem "alleine gehen". Ich habe manchmal Angst vor einem kleinen, böse knurrenden Dackel oder vor einer steilen Schneerinne, die ich überqueren muss, aber diese Form von Angst ist bewältigbar und schenkt mir Selbstvertrauen und Selbsterkenntnis. In meinen Träumen begegne ich viel größeren Schrecklichkeiten und Angstgestalten als in den Bergen oder in der Natur. Und auch diese sind bewältigbar.
Ich liebe mein All-ein-Sein, weil es sich wie tiefe Verbundenheit anfühlt. Erde ist mittlerweile kein abstrakter Begriff mehr, sondern ein lebendiger Organismus. Ich habe Sehnsucht nach tiefen, echten Begegnungen und genau in dem Moment, wo ich diese Sehnsucht in mir wahrnehme, begegnet mir eine Gämse, die ein paar Meter vor mir stehen bleibt und mich mit großen Augen anschaut. Sie schaut mich in einer Weise an, die mir fast Angst macht, weil so lange schaut sich niemand in die Augen, vor allem, wenn man sich nicht kennt und sonst auch nicht. (Kleine Kinder und Babys haben ihn noch diesen langen, tiefen Blick in das Wesen des Betrachteten.)
Jetzt: mittlerweile ist es kurz vor Mitternacht. Für morgen ist ein neuerlicher großer Kälteeinbruch in den Alpen mit Schneefall bis unter 2000m angekündigt, aber ich werde trotzdem weiterziehen, denn meine Füsse wollen gehen.
Zum Abschluss noch einmal die Zeilen, die mir Paula geschenkt hat (danke Paula!) und die mich seither in allen möglichen und unmöglichen Situationen wie ein Mantra begleiten:
"Wechselnde Pfade. Schatten und Licht. Alles ist Gnade. Fürchte Dich nicht!"
In diesem Sinn wünsche ich euch allen ein furchtloses Leben durch alle Höhen und Tiefen der kommenden Woche und danke euch für euer DaSein.
Mögen alle Wesen frisch, gefestigt und frei sein.
Eure verträumte Weltenwandlerin
Loiblpass 4, Gasthaus Deutscher Peter, 3.Juni 2012 (der Geburtstag meiner 2008 verstorbenen Großmutter, von der ich viel über die Jahreszeiten und die Verbundenheit mit der Erde gelernt habe.)
p.s. schaut doch hin und wieder in mein Reisetagebuch, wenn ihr wissen wollt, wo ich gerade bin.
03.06.2012
Guten Morgen!
Frühstück am Ferlacher Horn, bei Wind und schnell ziehenden Nebelschwaden. Es kommt immer alles anders, als ich es mir vorstelle :-) meld mich später, ist zu kalt zum Schreiben... [Standort]
02.06.2012
Bin in Waidisch im Gasthof Linde. Morgen werde ich bereits sehr früh aufbrechen, weil bereits ab Mittag Gewitter angekündigt sind und mein Weg über's Ferlacher Horn 1840m weitergeht. Deshalb verabschiede ich mich jetzt und wünsche euch allen eine friedliche Nacht. Eure Traumwandlerin.
Mögen alle Wesen glücklich und frei von Angst sein! [Standort]
Zu guter Letzt habe ich den tollen Aussichtsbalkon auf die Koschutawand doch noch gefunden, war zu weit westlich...
Liebe WeggefährtInnen,
bin am Jaurnig, ein unspektaktulärer Wald- und Wiesenberg über dem malerischen Zell-Pfarre und angeblich fantastischem Blick auf die 10km lange Wandflucht der Koschuta (was soviel wie Hirschkuh heißt), die ich gestern mit einigem Herzklopfen gequert habe. Die Herausforderungen steigern sich langsam, von der Konfrontation mit einem böse knurrenden Dackel, über ein Verirrungsabenteuer am Steinerberg bis hin zu sehr abschüßigen Schutt- und Geröllhalden, durchzogen von nicht minder steilen Schneerinnen, die ich zu queren hatte. Um einem besonders breiten Schneefeld auszuweichen, habe ich kurzerfuß den vorgegebenen Weg verlassen, den ich danach steil wieder hochkrabbeln musste. Hatte noch nie einen derart beweglichen Boden unter den Füßen und es ging steil und weit hinunter. Ich weiß jetzt wie meine Angst riecht (sonderbarerweise ziemlich sexy :-) Wie auch immer, deshalb habe ich heute Früh das Angebot von Peter, Sepp und Robert mit ihnen auf den Koschutaturm zu klettern dankend abgelehnt, obwohl mein Kletterinnenherz bereits gestern mehrere sehnsüchtige Blicke auf die imposanten Felstürme der Koschuta geworfen hat, die aber allesamt sehr brüchig sind und irgendwie hat mir das gestrige Ausmaß an alpinem Schotterhaufen für's erste gereicht. Deshalb bin ich brav dem südalpinen Weitwanderweg 603 gefolgt, der mich äußerst schweißtreibend, weil konstant sehr steil von Zell-Pfarre 948m auf den Jauernik 1657m mit der Versprechung der grandiosen Sicht auf die Koschutawand, gelockt hat. Von der Koschuta ist aber leider nicht viel zu sehen, weil mittlerweile die Lärchen so hoch sind, dass die Berge dahinter verschwinden.
Es ist schon ein Jammer, (oder ein Glück) dass es die "Alpenbrücke", die sich fishy vorgestellt hat, nicht gibt. So geht es in stetem Wechsel auf der einen Seite rauf und auf der anderen wieder runter und das manchmal mehrmals täglich und jeden Tag auf's Neue. So wie im Leben auch, habe ich mir heute gedacht, während ich die 700hm raufgeschwitzt und gekeucht habe, in dem Wissen, dass es, kaum oben, auf der anderen Seite gleich wieder alles komplett runter gehen wird, nämlich nach Waidisch, das im Tal liegt und von dort geht's morgen wieder auf 1840m rauf (Ferlacherhorn) und so geht's fröhlich und munter weiter und mitunter in schwachen Momenten erscheint mir diese Unternehmung ein wenig absurd, aber diese Momente sind selten und gehören genau so dazu wie jene, wo ich mich dem Himmel und der Erde und euch allen noch nie näher gefühlt habe, als auf dieser Reise.
Die Ameisen werden immer mehr und emsiger, was darauf hindeutet, dass sich das Wetter ändert. Zeit für einen neuerlichen Aufbruch. Freue mich, wenn ich euch bald ein wenig ausführlicher berichten kann und hoffe, dass mir dafür bald wieder eine brauchbare Tastatur unter die Finger kommt, denn das schreiben am handy ist eine ziemliche Qual für mich, die meine Geduld schwer auf die Probe stellt...
Ich lerne und übe viel auf dieser Reise :-)
Eure Bergauf und Bergabmaus
P.s. Heute habe ich die erste Kreuzotter gesehen, klein und sehr flink war sie unterwegs. Laut Wirtin vom Hochangerschutzhaus ist heuer ein starkes Mäuse-, Schlangen- und Hasenjahr. Mäuse sind mir dicht auf den Fersen, Hasen kreuzen meine Wege und Schlangen begegnen mir auch hin und wieder.
P.p.s. Dario Fo hat gesagt "Die erste Regel des Theaters ist die, dass es keine Regeln gibt." Was mich daran erinnert, dass der Wirt in Diex von einem Golfspieler erzählt hat, der laut Lehrbuch alles fallsch :-) macht und trotzdem ein fantastischer Golfspieler ist.
"Halte Dir jeden Tag 30 Sekunden für Deine Sorgen frei, und in dieser Zeit mach ein Nickerchen" (slowenischer Lebensrat)
Guten Morgen!
Bin am Koschutahaus, wo ich herrlich geschlafen habe. Gestern war ich zu müde, um einen Platz mit Empfang zu suchen. Hatte einige Abenteuer zu meistern- Querung von steilen Schneerinnen und endlosen Schotterhalden unterhalb der Koschutawände. Aber schön war's- hochalpin :-) Später mehr... [Standort]
Gestern Früh
bei Regen und Nebel zum Schaidsattel
Geschafft!
Blick zurück...
Und von dort zur
Koschuta.
Koschuta vom Jauernik
Heute in eine dicke Wolkendecke gepackt. Gestern habe ich sie gequert...
01.06.2012
mit Dank an Michi:
Die Ameisen
In Hamburg lebten zwei Ameisen,
die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona, auf der Chaussee,
da taten ihnen die Beine weh,
und da verzichteten sie weise
dann auf den letzten Teil der Reise.So will man oft und kann doch nicht
Und leistet dann recht gern Verzicht.Joachim Ringelnatz
> Mai 2012